Ukraine Krieg: Russen-Offizier verlässt Armee und packt aus

Simon Binz
Simon Binz

Russland,

Ein russischer Unter-Offizier der im Ukraine-Krieg im Einsatz stand, hat den Bettel hingeworfen und ist zurück bei seiner Familie. Das ist seine Geschichte.

Ukraine-Krieg
Viele russische Soldaten im Ukraine-Krieg stammen aus armen Verhältnissen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein russischer Offizier hat im Krieg den Dienst verweigert und ist zurück in der Heimat.
  • Der junge Mann hat seine Beweggründe gegenüber einer US-Nachrichtenseite geschildert.
  • Er spricht von tiefer Moral, wenig Informationen und Schuldgefühle gegenüber der Ukraine.

Einige Wochen lang schlief er im Ukraine-Krieg auf Kisten mit Granaten als Bett. Sein Gesicht verbarg er inmitten eines wachsenden Schuldgefühls vor den ukrainischen Zivilisten. Dann kam der junge Unteroffizier zum Schluss: Das ist nicht mein Kampf.

«Wir waren schmutzig und müde. Menschen um uns herum starben. Ich wollte nicht das Gefühl haben, ein Teil davon zu sein, aber ich war ein Teil davon.» Schliesslich sei er zu seinem Kommandanten gegangen und habe seinen Rapport verfasst.

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Die Zahl der gefallenen Soldaten soll sich auf über 50'000 belaufen. - dpa

Die Geschichte seiner Kriegsdienstverweigerung hat der junge Mann der US-Nachrichtenseite «CNN» erzählt. Diese stellte klar, dass man den Soldaten nicht mit Namen erwähnen und auch keine persönlichen Daten veröffentlichen werde.

«Einige weigerten sich schon beim Einmarsch»

Der Unteroffizier war demnach Teil des massiven Truppenaufbaus im Westen Russlands gewesen, der weltweite Ängste um einen Ukraine-Krieg auslösten. «Ehrlich gesagt dachte ich, dass wir nicht in die Ukraine gehen würden. Ich hätte nicht gedacht, dass es so weit kommen würde», so der Mann.

Am 24. Februar, als die Invasion begann, hätten er und seine Kollegen gar nicht darüber Bescheid gewusst. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich auf der Krim. Ihnen wurden keine Neuigkeiten übermittelt und nur zwei Tage zuvor mussten sie ihre Telefone abgeben.

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Zwei Tage später wurde auch seiner Truppe der Einmarsch befohlen. «Einige weigerten sich sofort, sie schrieben einen Bericht und gingen. Ich weiss nicht, was mit ihnen passiert ist. Ich blieb – ich weiss nicht, warum.»

Der Unteroffizier sagte, er kannte das Ziel der Mission zu diesem Zeitpunkt nicht. Die Putin-Behauptungen, dass die Ukraine «entnazifiziert» werden müsse, seien gar nicht erst bis zu seiner Truppe durchgedrungen. «Wir wurden nicht mit der ‹ukrainischen Nazi›-Rhetorik gehämmert. Viele haben nicht verstanden, wozu das alles gut war und was wir hier tun.»

«Ich fühlte mich schuldig...»

Der junge Russe berichtet schliesslich nach dem Einmarsch von schlaflosen Nächten, wütenden Zivilisten und Chaos innerhalb der Armee. Über Radio hätten sie auch erfahren, dass die Wirtschaft in Russland wegen den Sanktionen zusammenbrach. «Ich fühlte mich schuldig, aber ich fühlte mich noch mehr schuldig, weil wir in die Ukraine kamen.»

Der Offizier meinte auch, dass er bei weitem nicht der Einzige gewesen sei, der sich an dem Einmarsch störte. Aber er meinte auch, dass sich die Stimmung teilweise verbesserte, als sie erfuhren, dass bald Kampfprämien ausgezahlt würden.

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Wladimir Putin will 300'000 Reservisten in den Ukraine-Krieg schicken. (Symbolbild) - Keystone

Als er sich schliesslich dazu entschied, seinem Kommandanten sein Kündigungsschreiben zu übermitteln, habe dieser zuerst abgelehnt. «Er sagte, es sei unmöglich, den Dienst zu verweigern. Er hat mir gesagt, dass es ein Strafverfahren geben könnte. Die Ablehnung im Ukraine-Krieg sei Verrat – aber ich habe mich gewehrt.»

Ukraine-Krieg: Nur eine Geschichte von vielen?

Die Geschichte des jungen Soldaten ist bemerkenswert, aber sie könnte auch eine von vielen im Ukraine-Krieg sein. Das behaupten zumindest Gegner des Krieges in Russland und der Ukraine. Experten behaupten, sie hätten von vielen Fällen gehört, in denen Berufssoldaten aber auch Wehrpflichtige den Kampf verweigerten.

Nach Einschätzung westlicher Beamter haben russische Truppen in der Ukraine mit niedriger Moral und hohen Verlusten zu kämpfen. Der britische Geheimdienst sagte, einige hätten sich auch geweigert, Befehle auszuführen.

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Die regulären Truppen agieren als «Sperrtruppen». (Symbolbild) - Keystone

Der russische Soldat, mit dem «CNN» gesprochen hat, ist inzwischen zurück bei seiner Familie. «Was als nächstes passieren wird – ich weiss es nicht. Aber ich bin froh, dass ich wieder zu Hause bin», so der junge Mann.

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