Branchenumfrage: Bessere Geschäfte und mehr Jobs erwartet
Deutschlands Unternehmen haben das zweite Corona-Jahr in Folge hinter sich. Einige Branchen erwarten deutlich bessere Geschäfte im kommenden Jahr. Für Unsicherheit sorgt die Omikron-Virusvariante.
Das Wichtigste in Kürze
- In der deutschen Wirtschaft dominiert trotz Lieferengpässen und Unsicherheiten wegen der Corona-Pandemie zum Jahreswechsel einer Umfrage zufolge grundsätzlich die Zuversicht.
«Für das Jahr 2022 ist ein breiter Optimismus zu erkennen», heisst es in einer Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Der Bundesverband der Deutschen Industrie und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sehen allerdings auch deutliche Risiken. Die Krise hemmt laut DIHK die wirtschaftliche Entwicklung enorm. Schwer einzuschätzen sind zudem die Folgen der Omikron-Virusvariante.
«Die Auswirkungen von Omikron sind derzeit unüberschaubar, zu widersprüchlich sind die Informationen aus den bereits davon betroffenen Ländern», sagte IW-Chef Michael Hüther. «Ich gehe aber davon aus, dass sich die ökonomischen Trends aus Normalisierung und Nachholen bei hohen Auftragsbeständen halten.»
Die grosse Mehrheit der vom IW zwischen Mitte November und Anfang Dezember befragten 48 Wirtschaftsverbände rechnet mit besseren Geschäften als 2021, ein Produktionsrückgang wird in keiner Branche erwartet. «Die deutsche Wirtschaft kommt erneut aus einem Nachholjahr», erläuterte Hüther. «Nachfrage und Nachholbedarf sind hoch, zugleich ist die Unsicherheit angesichts der Entwicklung der Pandemie hoch.» Nach seiner Einschätzung dürfte die deutsche Wirtschaft das Niveau vor der Corona-Krise im kommenden Jahr erreichen.
Risiken für die Konjunktur
Nach Berechnungen des DIHK hat die Pandemie Europas grösste Volkswirtschaft in den Jahren 2020 und 2021 zusammen fast 400 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung gekostet. «Es sieht leider aktuell nicht so aus, dass wir das im neuen Jahr schnell aufholen können», sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der Deutschen Presse-Agentur. Zusätzlich Sorgen bereiteten die gestiegene Inflation, die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten sowie unterbrochene Lieferketten.
Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht viele Risiken für die Konjunktur. «Wir wissen für die Binnenkonjunktur nicht, mit welchen Einschränkungen wir leben müssen», sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Schaffe Deutschland eine hohe Impfquote, rücke das Thema Corona im Sommer hoffentlich bald in den Hintergrund. «Das Risiko ist aber gross, dass sich in den kommenden Wochen die vierte Welle weiter ausbreitet und eine fünfte Welle um Ostern die Welt im Griff hat. Denn die Impfquoten sind zu niedrig, nahezu überall auf der Welt.»
Wichtig für die Wirtschaft
Entscheidend für die deutsche Industrie ist Russwurm zufolge der Absatz von Investitionsgütern. «Erwarten die Kunden für sich ein gutes Geschäft und sind mutig genug, in neue Maschinen, neue Anlagen zu investieren - oder sind sie eher vorsichtig?»
Branchen mit Zuwachs
Das Gros der Branchen (35) erwartet 2022 moderate Zuwächse, darunter auch die von Corona-Beschränkungen besonders betroffenen Zweige Gastronomie, Tourismus und Einzelhandel. In der eigentlich boomenden Bauwirtschaft belastet der Fachkräftemangel. Die insgesamt guten Produktionsperspektiven der Industrie führt das IW zum Teil auf weltweit wieder steigende Investitionen zurück, von denen vor allem Hersteller von Investitionsgütern «Made in Germany» profitieren dürften. «Die meisten Branchen gehen zudem davon aus, dass sich die Lieferkettenprobleme im kommenden Jahr entspannen», berichtete Hüther.
Das Finanzwesen sowie Zeitschriftenverlage rechnen hingegen nicht mit grossen Sprüngen. Eine gleichbleibende Geschäftslage erwarten auch Bergbau, Schiffsbau und Meerestechnik, Lederindustrie sowie Papierfabriken.
In vielen Branchen sind die Chancen für einen Aufbau der Beschäftigung der Umfrage zufolge gut. Demnach erwarten 21 Verbände ein Plus. Dazu zählen unter anderem die Pharmaindustrie sowie die Metall- und Elektroindustrie. In der Bauwirtschaft und im Handwerk suchen die Unternehmen ohnehin händeringend nach Personal. Weitere 19 Branchen gehen von einer gleichbleibenden Mitarbeiterzahl aus, 8 Wirtschaftszweige von sinkender Beschäftigung. So dürften beispielsweise im Finanzwesen durch das geänderte Kundenverhalten - mehr Onlinebanking und weniger Filialen-Nutzung - Jobs entfallen.