Coronavirus: Darum eskaliert die Situation in Grossbritannien erneut
In Grossbritannien steigen die Fallzahlen mit dem Coronavirus erneut drastisch an. Nun warnen Experten vor dem Winter – und fordern neue Massnahmen.
Das Wichtigste in Kürze
- Grossbritannien verzeichnet die meisten Corona-Toten in ganz Europa.
- Nun nähern sich die Fallzahlen dem Maximalwert von letztem Januar.
- Im Land wurde die Maskenpflicht aufgehoben, und der Impfpass ist auf Eis gelegt.
Noch immer wütet das Coronavirus in Grossbritannien. Rund 138'600 Menschen sind im Land an der Lungenkrankheit bereits gestorben – nun steigen die Fallzahlen erneut.
Und das inzwischen beinahe auf ein Niveau wie im Januar, als der bisherige britische Maximalwert erreicht wurde. Letzten Montag meldeten die Behörden 45'140 Neuinfektionen. Am Rekordtag, dem 8. Januar 2021, waren es laut «worldometers» 67'775 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus.
Die Erfahrung zeigt: Besonders stark verbreitet sich das Virus, wenn es draussen kälter wird. Das beunruhigt die britischen Gesundheitsexperten. Weil die Spitaleinweisungen und Todesfälle höher sind als im restlichen Westeuropa, fordern sie eine Verschärfung der Corona-Massnahmen.
Briten haben keine Maskenpflicht
In Grossbritannien gilt nur noch eine Maskenempfehlung, aber keine -pflicht mehr. Auch ein Covid-Zertifikat kennen die Briten zwar, doch anders als in der Schweiz kommt der sogenannte «NHS Covid Pass» nicht grossflächig zum Einsatz.
Die Behörden schreiben auf ihrer Webseite lediglich: «Einige Einrichtungen können den NHS Covid Pass als Zugangsvoraussetzung verlangen. Wir ermutigen Organisationen in bestimmten Bereichen, den NHS Covid Pass als Zugangsvoraussetzung zu verwenden.»
Das Vereinigte Königreich ist in Sachen Pandemiebekämpfung also ein westeuropäischer Ausreisser. Und Wissenschaftlern zufolge ist genau das der Grund für den drastischen Fallzahlen-Anstieg.
Forscher fordern «Plan B» gegen Coronavirus
England solle «sofort» seinen «Plan B für den Winter aktivieren», fordert etwa der Mediziner Martin McKee in der «Financial Times». Dies müsse Homeoffice, Impfvorschriften und eine Maskenpflicht in Innenräumen beinhalten.
Er sagt: «Diese kleinen Massnahmen wie das Maskentragen, Abstandhalten, Lüften und Homeoffice sind mehr als die Summe ihrer Teile. Es braucht wirklich nicht viel, um die Zahlen zu senken, wie Frankreich, Italien und andere Länder gezeigt haben.»
Ähnlich sieht das der Mikrobiologe Ravi Gupta von der britischen Taskforce für Atemwegserkrankungen: «Wir verlassen uns viel zu sehr auf unsere relativ bescheidene Impfquote.» Die schnellere Einführung von Impfungen für Jugendliche hätte dazu beigetragen, dass andere Länder unbeschadeter durch die Herbstwelle gekommen seien.
Italien oder Spanien beispielsweise haben die Maskenpflicht in den Schulen beibehalten. Zudem öffneten sie die Nachtclubs später als Grossbritannien.