Das Einheitsjahr 1990 in Pop, Kino und TV
Am 3. Oktober jährt sich die deutsche Wiedervereinigung zum 30. Mal. Was war 1990 eigentlich in Musik, Film und Fernsehen angesagt? Eine Zeitreise zu Matthias Reim, Julia Roberts und Roy Black.
Das Wichtigste in Kürze
- Weder «Looking For Freedom» noch «Wind Of Change» waren im Jahr der Wiedervereinigung Nummer eins der deutschen Charts.
Das mag manchen überraschen - aber der von David Hasselhoff gesungene Song war schon 1989 ein Hit und der Scorpions-Ohrwurm erst 1991.
Doch was prägte 1990, im Jahr der Einheit, Lebensgefühl und Popkultur in Deutschland? Eine kleine Zeitreise, die unter anderem zu Matthias Reim, Julia Roberts und Roy Black führt. Oder kurz: «Verdammt, ich lieb... Pretty Woman... am Wörthersee».
MUSIK: Sieben Nummer-eins-Hits gab es 1990 - der Musikmarkt war weniger schnelllebig als heute, Lieder standen oft monatelang an der Chartsspitze. Am längsten - 16 Wochen, von Mai bis September - blieb Matthias Reim mit seinem Liebeskummer-Hit «Verdammt, ich lieb' Dich» auf Platz eins. Immerhin elf Wochen schaffte es vorher - von März bis Mai - Sinéad O’Connor mit «Nothing Compares 2 U». Am Jahresanfang und insgesamt zehn Wochen stand Phil Collins mit «Another Day In Paradise» auf dem ersten Platz.
Der offizielle Sommerhit 1990 war «U Can't Touch This» von MC Hammer. Und am 3. Oktober - als die Deutsche Einheit vollzogen wurde - war «Tom's Diner» von DNA & Suzanne Vega auf der Eins. Zum Mauerfall im November 1989 hatte dort hingegen ein sommerlicher Song gestanden: «Lambada» von Kaoma.
KINO: Weltweit war 1990 «Ghost - Nachricht von Sam» mit Patrick Swayze und Whoopi Goldberg der umsatzstärkste Film. In Deutschland erreichte die Fantasy-Thriller-Komödie nur Platz sechs mit knapp vier Millionen Zuschauer. Davor lagen die schwarze Ehekomödie «Der Rosenkrieg», die Disney-Animation «Arielle - Die Meerjungfrau», der Zeichentrickfilm «Werner - Beinhart!» und die Baby-Komödie «Kuck mal, wer da spricht!».
Mit mehr als zehn Millionen Kinozuschauern - und damit mehr als doppelt so vielen wie der zweitplatzierte Film - war «Pretty Woman» einsame Spitze in den Kino-Jahrescharts. In der Liebeskomödie von Garry Marshall verguckt sich der Millionär Edward Lewis (Richard Gere) in die naive Prostituierte Vivian (Julia Roberts) und wandelt sich vom Finanzhai zum sozialen Wohltäter.
Bis heute gibt es in Beverly Hills im Luxushotel «Beverly Wilshire» an der edlen Shoppingmeile Rodeo Drive, in dem weite Teile des Films spielen, den Drink «Pretty Woman» an der Bar. Er besteht unter anderem aus Champagner, Wodka und Pfirsichlikör. Bei jeder TV-Ausstrahlung - etwa an Weihnachten - ist «Pretty Woman» noch heute ein Quotenhit. Die Lacher sind sicher gesetzt, etwa wenn Vivian beim Dinner die Schnecken «schlüpfrige kleine Scheisserchen» nennt.
FERNSEHEN: Mit Abstand die meisten Zuschauer vor den Fernsehgeräten vereinte Deutschlands Sieg bei der Fussball-WM. Sensationelle 88 Prozent Marktanteil und 28,7 Millionen Zuschauer wurden am 8. Juli 1990 in der Bundesrepublik für die ARD-Übertragung des Spiels in Rom gemessen. Deutschland besiegte Argentinien mit 1:0.
Von der damals erfolgreichsten Fernsehshow «Wetten, dass..?» gab es 1990 sechs Ausgaben. Die ZDF-Samstagabendshows mit Thomas Gottschalk kamen aus Wiesbaden, Duisburg, Hof, Saarbrücken, Linz und Emden. Gäste waren Stars wie Witta Pohl, Mickey Rourke und Grace Jones, Siegfried und Roy, Lotti Huber und Karl Lagerfeld. Zu den präsentierten Hits gehörten «Se Bastasse Una Canzone» von Eros Ramazzotti und «Freiheit» von Marius Müller-Westernhagen.
Eine kleine Sensation war die erste Serie des deutschen Privatfernsehens: Bei RTL (damals noch RTLplus) ging am 17. Oktober «Ein Schloss am Wörthersee» auf Sendung. Die Hauptrolle spielte der mit dem Schlager «Ganz in Weiss» populär gewordene Sänger Roy Black. Auf 34 Folgen kam die deutsch-österreichische Fernsehserie bis 1992. Nach Roy Blacks Tod im Jahr 1991 übernahm Uschi Glas die Hauptrolle.
Der «Tatort» lief 1990 nur elfmal, darunter ein Krimi mit der noch heute aktiven Ermittlerin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und vier mit Kultkommissar Horst Schimanski. Der aussergewöhnlichste Krimi war der Fall «Unter Brüdern» vom 28. Oktober. In der deutsch-deutschen Koproduktion von DFF und ARD aus den Reihen «Polizeiruf 110» und «Tatort» trafen die Kommissare Fuchs und Grawe aus dem Osten (Peter Borgelt und Andreas Schmidt-Schaller) auf Schimanski und Thanner aus dem Westen (Götz George und Eberhard Feik).