Migros: Alk-Verkauf sorgt in türkischer Migros für Ärger
Das Wichtigste in Kürze
- Das Thema Alkohol in der Migros wird auch in der Türkei heiss diskutiert.
- Ausschlaggebend dafür sind insbesondere die religiösen Werte im Land.
- Die türkische Migros hat jedoch wenig mit der Schweizer Migros zu tun.
Die Migros-Genossenschaften haben sich entschieden: Für über 80 Prozent ist klar, dass der Orange Riese auch weiterhin keinen Alkohol verkaufen soll.
Kurios: In den türkischen Migros-Läden dürfen solche Produkte aber längst verkauft werden. Doch auch dort gibt es deswegen Streit!
Das hat vor allem religiöse Gründe. Etwa 99 Prozent der Türken sind Muslime – im Islam ist der Konsum von Alkohol grundsätzlich verboten. Nicht überall auf der Welt wird diese Regel jedoch gleich streng umgesetzt. So gibt es auch in der Türkei unterschiedliche Ansichten.
Erdogan will strengere Regeln für Alkohol
Derzeit sorgt insbesondere der Fall des Einkaufszentrums Isfanbul, früher Vialand genannt, für Aufsehen. Hintergrund: Die arabische Führung des Komplexes hat den Alkohol kurzerhand aus der Migros-Filiale verbannt. Die Entscheidung ging nicht vom Detailhändler selbst aus, sondern vom Einkaufszentrum, wie es heisst.
Ein Kunde guckte in der Filiale in die Röhre, als er Alkohol kaufen wollte. Auf Twitter macht er seinem Frust Luft: «Wird das Gleiche in ein oder zwei Monaten in allen Filialen passieren?» Auch andere Kunden zeigen sich überrascht ob der neuen Regel und haben wenig Verständnis dafür.
Derweil dürfte Präsident Recep Tayyip Erdogan die Entscheidung des Einkaufszentrums gefallen. Er gilt als Verfechter von schärferen Regeln bezüglich Alkoholkonsum und -verkauf. Unter anderem hatte seine Regierung in der Vergangenheit Steuererhöhungen in diesem Bereich beschlossen.
Keine Schweizer Beteiligung seit 1975
Zum Anteil des Alkoholverkaufs am Umsatz gibt es keine aktuellen Zahlen vonseiten der türkischen Migros. Im November 2021 schätzte Melis Pocar vom Istanbuler Börsenhändler Oyak Securities gegenüber der «NZZ» den Anteil auf rund 10 Prozent.
Die Migros hat in der Schweiz indes nicht mehr viel mit dem Namensvetter in der Türkei zu tun. 1975 wurden die letzten Schweizer Anteile am türkischen Geschäft verkauft. Seither verbindet vor allem das Erscheinungsbild, inklusive des orangen Schriftzugs, die beiden Migros-Ketten noch.
Seit 1954 ist der orange Riese in Istanbul vertreten. Historiker Heinrich Hartmann sprach von einem idealistisch geprägten Engagement. Federführend dabei war Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler. Ab wann die Türken schliesslich Alkohol verkauften, ist indes unklar.
Türkische Migros wie Schweizer Globus
Die türkische Migros ist denn auch kaum mit der schweizerischen zu vergleichen. «Die Migros hat in der Türkei einen ähnlichen Ruf wie der Globus in der Schweiz.» Das erklärt die schweizerisch-türkische Doppelbürgerin und Moderatorin Serap Yavuz (35) gegenüber Nau.ch.
Der Laden werde entsprechend als elegant und hochwertig wahrgenommen. «In die Migros geht nicht jeder», sagt Yavuz. Anders als hierzulande, sei es für viele Türken ein Erlebnis, eine solche Filiale zu besuchen.
Yavuz selbst ist es egal, ob die Kette im Gegensatz zum Schweizer Pendant nun Alkohol verkauft oder nicht: «Wenn ich in der Türkei bin, kaufe ich weder Alkohol noch Tabak in der Migros.»
Wenn sie in der Schweiz ist, vermisst Yavuz den Alkohol beim Orangen Riesen nicht. Das Resultat der Abstimmung sieht sie positiv: «Ich finde es sehr gut, dass die Migros ihrer Linie seit Jahren treu bleibt und das auch nicht ändert.»