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Pandemie: WHO-Pläne werden Ziel von Falschinformationen

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Genève,

Pläne der Weltgesundheitsorganisation zur besseren Reaktion auf Pandemien werden von einigen als Angriff auf die Demokratie verurteilt. Doch das stellt die Befugnisse der WHO falsch dar.

Das Logo der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im europäischen Hauptquartier der Vereinten Nationen in Genf.
Das Logo der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im europäischen Hauptquartier der Vereinten Nationen in Genf. - Peter Klaunzer/KEYSTONE/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Im Laufe der nächsten Jahre wollen die Mitglieder der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Abkommen zur besseren Bewältigung von Pandemien beschliessen.

Auch auf der WHO-Versammlung in Genf kommende Woche (22. bis 28. Mai) wird es um weltweite Gesundheitsnotfälle gehen. Mittlerweile kursiert aber Desinformation über eine von der WHO geplante Pandemievereinbarung in sozialen Medien und erreicht auch massiv Bundestagsabgeordnete. Auf Twitter nannte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Konstantin Kuhle die Zuschriften per Mail jüngst eine «koordinierte Stimmungsmache».

Behauptung: Die WHO plant einen Vertrag, der die Abschaffung demokratischer Strukturen in den Nationalstaaten zur Folge hätte.

Bewertung: Falsch.

Fakten: Die geplante WHO-Pandemievereinbarung existiert bisher nicht einmal als Entwurf. Vielmehr hat sie noch einen sehr weiten Weg vor sich: Die 194 WHO-Mitglieder haben am 1. Dezember 2021 beschlossen, eine Übereinkunft zu treffen, um Pandemien künftig besser bewältigen zu können. Zur Debatte stehen etwa: bessere Werkzeuge, um Pandemien früh zu erkennen, neue Entscheidungsgremien und mehr Geld. Erst im Mai 2024 plant die WHO, die neue Vereinbarung oder einen Vertrag zu beschliessen.

Doch wie dieser genau aussehen wird, ist derzeit völlig offen. Es steht noch nicht einmal fest, ob der Vertrag auch ein Vertrag wird - also für alle Unterzeichnerstaaten verbindlich sein würde. Möglich wäre auch nur eine Resolution mit Empfehlungen. Die Europäische Union und rund 40 weitere Länder stehen hinter einer Vereinbarung als Vertrag. Die USA und China waren bislang skeptisch.

Falsche Behauptungen

In der öffentlichen Debatte über die geplante Pandemievereinbarung wird nun darum gerungen, wie viel Macht die WHO bekommen soll. Falsch sind allerdings Behauptungen, wonach der WHO-Vertrag etwa das deutsche Grundgesetz aufheben könnte oder Zwangsimpfungen drohten.

Schon bisher hat die WHO durch die Internationalen Gesundheitsvorschriften («International Health Regulations») von 2005 das Recht und die Pflicht, eine «gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite» zu erklären. Diese kann mit Empfehlungen - jedoch nicht verpflichtenden Weisungen - für restriktive Massnahmen verbunden sein. Von diesem Recht hat die WHO bei der Covid-19-Pandemie Gebrauch gemacht. Am Ende entscheiden aber die Mitgliedsstaaten über Massnahmen zur Pandemiebekämpfung.

Ähnliche WHO-Vereinbarungen enthalten stets Hinweise darauf, dass die Unterzeichnerstaaten das Abkommen im Rahmen ihrer nationalen verfassungsmässigen Ordnung anwenden müssen. So ist es in Artikel 19 der WHO-Verfassung festgeschrieben. Das stellt im Grundsatz sicher, dass ein internationaler Vertrag Demokratie und Parlamente eines WHO-Mitglieds nicht aushebeln kann. Zweifelt das jemand in einem konkreten Fall an, könnten Verfassungsgerichte entscheiden.

Fakten gezielt verdreht

Vor der WHO-Jahrestagung vom 22. bis 28. Mai in Genf kritisierte Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus Falschinformationen über die Pläne zur Pandemievereinbarung. Eine Minderheit äussere sich irreführend und verdrehe gezielt Fakten. «Unser Mandat ist zu 100 Prozent bestimmt von den Mitgliedsstaaten und worauf sie sich einigen», sagte Tedros am Dienstag in Genf. Die WHO-Verfassung von 1948 wie auch der aktuelle Vorschlag für eine Pandemievereinbarung bedeute nicht, dass die WHO die Souveränität ihrer Mitgliedsstaaten untergrabe.

Das Thema Pandemievertrag steht bei der Weltgesundheitsversammlung in der kommenden Woche auch gar nicht auf der Tagesordnung: Die Verhandlungsgruppe soll erst in zwei Jahren über ihre Ergebnisse berichten, wie WHO-Chefjurist Steven Solomon jüngst in Genf erklärte.

Stattdessen wird auf Tagung in der Schweiz über Änderungsvorschläge für die Internationalen Gesundheitsvorschriften diskutiert. Sie zu ändern, wäre eine weitere Möglichkeit für die Welt, um Pandemien schneller zu erkennen und zu bekämpfen. Der jetzige Vorschlag stammt von den USA. Es geht darin etwa um schärfere Vorschriften, um Gesundheitsnotfälle schneller zu melden und darauf zu reagieren.

Doch auch die Tragweite dieses US-Antrags wird überschätzt: Ob die WHO-Mitglieder die Änderungsvorschläge in der Form während der Weltgesundheitsversammlung annehmen, ist noch unklar. Wahrscheinlicher sind Expertinnen und Experten zufolge weitere Diskussionen und Änderungsanträge. Denn am Ende müssen die Länder sich einig sein. Die WHO stelle das dar, «was die souveränen 194 Mitgliedsstaaten wollen, das sie ist», sagte Generaldirektor Tedros.

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