Sieben Russen in angeblichem Terrorfall zu langer Haft verurteilt
Sieben russischen Männern wird vorgeworfen, eine Terrororganisation gegründet zu haben. Die Haftstrafe ist umstritten und Kritiker nennen es «ungeheuerlich».
Das Wichtigste in Kürze
- Sieben junge Männer haben wegen Terrorvorwürfen langjährige Haftstrafen erhalten.
- Das Urteil ist umstritten und Kritiker nennen es «ungeheuerlich».
- Den Angeklagten wird vorgeworfen, ein linksextremes Terrornetzwerk gegründet zu haben.
Durch einen umstrittenen Schuldspruch sind in Russland sieben junge Männer wegen Terrorvorwürfen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Militärgericht in der zentralrussischen Stadt Pensa verhängte am Montag Haftstrafen von sechs bis 18 Jahren.
Die Ermittler hatten den Angeklagten unter anderem die Gründung eines linksextremistischen «terroristischen Netzwerks» vorgeworfen. Kritiker verurteilten den Schuldspruch und nannten die Strafen «ungeheuerlich».
Der Inlandsgeheimdienst FSB beschuldigte den 27-jährigen Dmitri Ptschelintsew, die sogenannte «Netzwerk»-Organisation gegründet zu haben. Ihr Ziel soll sein, die Regierung zu stürzen und zu versuchen, Regierungsbüros und Mitarbeiter anzugreifen. Fünf weitere Männer wurden der Beteiligung an der Organisation für schuldig befunden. Mehrere Mitglieder der Gruppe wurden ausserdem wegen illegalen Waffen- und Sprengstoffbesitzes sowie wegen versuchten Drogenhandels verurteilt.
Gefoltert und geschlagen
Aktivisten und Verteidiger hatten die vom FSB geleitete Untersuchung scharf kritisiert und den Behörden vorgeworfen, den Fall konstruiert zu haben. Die Angeklagten, die 2017 und 2018 verhaftet worden waren, hatten alle Vorwürfe stets bestritten. Sie gaben an, sie seien in der Haft mit Elektroden gefoltert und geschlagen worden, um ein Geständnis abzulegen.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte am Montag, dass Präsident Wladimir Putin sich den Fall «bei mehreren Gelegenheiten» angesehen habe. Er habe auch Beamte beauftragt sicherzustellen, dass «alles mit dem Gesetz übereinstimmt».
Die Menschenrechtsorganisation «Memorial» erklärte, die Angeklagten seien politische Gefangene; sie bezeichnete die Männer als linke Aktivisten und Antifaschisten. «Dies ist ein ungeheuerliches, hartes Urteil, aber wir haben nichts anderes erwartet», sagte Oleg Orlow von «Memorial».
Keine konkreten Beweise
Fast 50'000 Menschen unterzeichneten eine Petition, in der sie das Ende der Untersuchungen forderten. «Alles in diesem Fall ist erfunden.» So hiess es in einem von der Menschenrechtsorganisation «Für Menschen Rechte» veröffentlichten Brief von Angehörigen der Angeklagten. Unabhängige Medien berichteten, die Anklage habe vor Gericht keine konkreten Beweise vorgelegt.
Der «Netzwerk»-Fall ist einer von mehreren, die vom FSB untersucht wurden. Er ähnelt laut Kritikern einem anderen Fall gegen eine angeblich extremistische Organisation namens «The New Greatness». Deren Mitglieder werden ebenfalls beschuldigt, einen Sturz der Regierung geplant zu haben.