Ukraine Krieg: Fluchtkorridor aus Stahlwerk kaum benutzt
Der Angriff auf das Stahlwerk Asovstal in Mariupol hat scheinbar begonnen. Russische Luftwaffe und Artillerie unterstützen gemäss Angaben spezielle Truppen.
Das Wichtigste in Kürze
- Gemäss prorussischen Separatisten hat beim Stahlwerk in Mariupol die Erstürmung begonnen.
- Im Stahlwerk Asovstal sollen sich tausende ukrainische Soldaten und Zivilisten verstecken.
- Kurz vor Mittag hat Russland den ukrainischen Kämpfern ein neues Ultimatum gestellt.
- Am Nachmittag verkündete Moskau eine Feuerpause.
In der umkämpften ukrainischen Hafenstadt Mariupol hat am Dienstag nach Angaben prorussischer Separatisten die Erstürmung des Stahlwerks Asovstal begonnen. In dem Stahlwerk sollen sich nach russischen Angaben rund 2500 Kämpfer verschanzt haben, darunter auch 400 ausländische Söldner.
Ukrainischen Medien zufolge sollen in dem Werk noch rund 1000 Zivilisten ausharren, unter ihnen auch Frauen und Kinder. Zum Sturm auf das Stahlwerk sagte der prorussische Separatistenvertreter Eduard Bassurin am Dienstag Staatsmedien in Moskau, es seien spezielle Truppen zusammengestellt worden, russische Luftwaffe und Artillerie unterstützen sie. Alle Stadtteile in Mariupol seien bereits eingenommen.
Die Regierung in Kiew warf Moskau vor, trotz Bitten keinen humanitären Korridor eingerichtet zu haben, damit sich die Menschen in Sicherheit bringen können.
Der Separatistenvertreter Bassurin behauptete, es gebe keine Zivilisten in dem Werk. Ukrainische Nationalisten hätten das vorgebracht, um eine Erstürmung zu verhindern. Ukrainische Medien hatten wiederholt nicht überprüfbare Bilder auch von Kindern gezeigt, die sich in dem Werk aufhalten sollen.
Zweites Ultimatum am Dienstagmittag
Kurz vor Mittag hat Russland den ukrainischen Kämpfern ein neues Ultimatum gestellt. Die nationalistischen Kämpfer und ausländischen Söldner hätten mit Beginn 12 Uhr (11 Uhr MESZ) die Gelegenheit, die Gefechte einzustellen und ihre Waffen niederzulegen. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Dann werde ihr Leben gerettet, hiess es.
Die Regierung in Kiew wurde aufgerufen, «Vernunft walten zu lassen und den Kämpfern entsprechende Anweisungen zu geben, diese sinnlose Konfrontation zu beenden». Wenn der Befehl aus Kiew ausbleibe, sollten die Soldaten und Söldner von sich aus aufgeben. Wie andere Kämpfer in Mariupol, die aufgegeben hätten, sollten sie sich in russische Gefangenschaft begeben, hiess es.
Von 13 Uhr (12 Uhr MESZ) an sollte eine Standleitung für die Kommunikation zwischen der russischen und ukrainischen Seite eingerichtet werden. Danach sollte eine Feuerpause von beiden Seiten in Kraft treten. Dazu sollten von ukrainischer Seite an dem Stahlwerk weisse Flaggen angebracht werden. Von 14 Uhr bis 16 Uhr (13 Uhr bis 15 Uhr MESZ) hätten die Kämpfer und Söldner Zeit, das Werk ohne Waffen zu verlassen.
Russland kündigt einseitige Feuerpause an
Am Nachmittag verkündeten die russischen Streitkräfte eine einseitige Feuerpause. Zugleich öffneten sie nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau einen «humanitären Korridor» für ukrainische Kämpfer, die sich dort im Stahlwerk Asovtal verschanzt haben.
Dieser blieb laut prorussischen Angaben ungenutzt. Laut dem russischen Staatsfernsehen haben jedoch rund 120 Zivilisten das Stahlwerk verlassen. Das Ultimatum war weitgehend ereignislos verstrichen.
Generaloberst Michail Misinzew appellierte an die Kämpfer, sich freiwillig in russische Gefangenschaft zu begeben. Die Ukrainer lehnen dies bislang strikt ab.
«Ich möchte besonders betonen, dass die russische Führung allen, die ihre Waffen niederlegen, das Leben, die völlige Sicherheit und medizinische Versorgung garantiert», sagte der Generaloberst.
Die ukrainischen Einheiten bekräftigten allerdings im Nachrichtenkanal Telegram mit, dass sie die Waffen nicht niederlegen, sondern weiter für die Verteidigung der Stadt kämpfen würden.
Die Ukraine hatte bereits am Wochenende ein Ultimatum verstreichen lassen. Russland drohte mit der «Vernichtung» aller Kämpfer
Mariupol gilt als strategisch wichtige Stadt. Es ist der letzte Zugang für die Ukraine zum Asowschen Meer. Die prorussischen Separatisten, die in den Gebieten Luhansk und Donezk Volksrepubliken ausgerufen haben, hoffen so auf einen dauerhaften Zugang zu den Weltmeeren.