Ukraine Krieg: Kritik an Johnsons Vergleich mit Brexit-Votum
Mit einem Vergleich zwischen dem Kampf der Ukrainer und dem Brexit-Votum hat der britische Premierminister Boris Johnson Unverständnis ausgelöst.
Das Wichtigste in Kürze
- Boris Johnson verglich den Ukraine-Krieg mit dem Brexit in Grossbritannien.
- Zahlreiche Politiker kritisieren den britischen Premier für seine Aussage.
In einer Rede bei einem Parteitag seiner Tories hatte Boris Johnson am Samstag gesagt. Es sei «der Instinkt des Volkes dieses Landes, wie das ukrainische Volk die Freiheit zu wählen».
Dabei verwies er auf das «jüngste berühmte Beispiel» des Referendums über den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union. Dieses wurde im Juni 2016 abgehalten und ging knapp für den Brexit aus. Johnson löste mit dem Vergleich Empörung im In- und Ausland aus. Seine Äusserungen «beleidigen die Ukrainer, die Briten und den gesunden Menschenverstand», schrieb der frühere EU-Ratspräsident Donald Tusk im Onlinedienst Twitter.
«Verrückter» Vergleich
Der frühere Brexit-Beauftragte des EU-Parlaments, Guy Verhofstadt, wies Johnsons Vergleich als «verrückt» zurück. Die «Ukrainer wollen mehr Freiheit und der EU beitreten», hob der liberale belgische Europaabgeordnete hervor.
Der Generaldirektor für Auswärtige Angelegenheiten und Sicherheit im französischen Aussenministerium, Philippe Errera, schrieb auf Twitter über Johnsons Vergleich: «Wenn ich Ukrainer wäre, würde ich mich beleidigt fühlen. Wenn ich Brite wäre, würde ich mich schämen. Als französischer Diplomat kommentiere ich das nicht auf Twitter (...)».
Der britische Abgeordnete Tobias Ellwood aus Johnsons konservativer Partei twitterte: «Den Kampf des ukrainischen Volkes gegen die Tyrannei von Putin mit dem britischen Volk zu vergleichen, das für den Brexit stimmt, schadet der politischen Führung, die wir zu demonstrieren beginnen.» Um den russischen Staatschef Wladimir Putin zu bezwingen, «brauchen wir internationale Führung und Einheit», hob Ellwood hervor, der dem Verteidigungsausschuss des britischen Parlaments vorsteht.
«Nicht direkt analog»
Der britische Finanzminister Rishi Sunak distanzierte sich vorsichtig von Johnsons Vergleich. Der Ukraine-Krieg und der Kampf für den Brexit seien nicht miteinander vergleichbar, sagte er dem Sender SkyNews. «Ganz offensichtlich sind sie nicht direkt analog, und ich glaube auch nicht, dass der Premierminister gesagt hat, dass sie direkt analog sind.»
Johnson hatte in seiner Rede das Bedürfnis nach Selbstbestimmung als Gemeinsamkeit der Ukrainer und Briten genannt. «Als die Briten in so grosser Zahl für den Brexit gestimmt haben, haben sie das aus meiner Sicht nicht gemacht, weil sie Ausländern feindlich gesinnt sind», sagte der Regierungschef. «Es war, weil sie frei sein wollten, die Dinge anders zu machen, und damit dieses Land sich selbst führen kann.»