Soziologe Kovic zerlegt «Keine-Lust-auf-Karriere»-Studie
Ziehen Frauen einen erfolgreichen Mann ihrer eigenen Karriere vor? Diese Interpretation einer Uni-Zürich-Studie ist laut einem Soziologen eine Fehlinformation.
Das Wichtigste in Kürze
- Angeblich wollen Frauen keine Karriere machen, der Mann solle Vollzeit arbeiten.
- Dieses Ergebnis einer Studie wurde offenbar falsch interpretiert.
- Nun kritisiert der Soziologe Marko Kovic die Studienautorinnen und die «SonntagsZeitung».
Als «tendenziöse, bewusst verzerrende Fehlinformation» bezeichnet Marko Kovic die Interpretation der Studie über die Karriereambitionen von Studentinnen.
Bei dieser Studie der Universität Zürich kam angeblich heraus, dass ein Grossteil der Frauen gar keine Karriere machen will. Stattdessen möchten sie lieber einen erfolgreichen Mann an ihrer Seite haben. Das berichtete zumindest die «SonntagsZeitung».
Eine der zwei Autorinnen der Studie, Margit Osterloh, empfand dieses Ergebnis offenbar als überraschend. Laut der Zeitung hat es sie «schlichtweg umgehauen».
Nun kritisiert der Soziologe Kovic das gemäss seinen Aussagen fehlerhafte Verhalten des Journalisten. Er bezeichnet den Inhalt seines Beitrags vom 6. Mai als «schlichte Desinformation».
Sein Vorwurf: Die beiden Studien-Autorinnen hätten sich für die verzerrte Geschichte einspannen lassen, bevor die Studie überhaupt öffentlich verfügbar war. Dies sei ein «wissenschaftsethisches No-Go» und sehr «unseriös», wie Kovic auf Anfrage von Nau.ch erklärt.
Methodik der Studie problematisch?
Das Studien-Design kann ebenfalls angeprangert werden: Laut Kovic gab es bestimmte Eigenwilligkeiten beim Design des Fragebogens.
Vielmehr sei aber die Aussage problematisch, dass der Mann Vollzeit arbeiten und für das Haupteinkommen sorgen solle, sobald Kinder da seien. Diese Interpretation wurde «von vielen Medien kolportiert. Obwohl sie so gar nicht in den Ergebnissen der Studie enthalten ist», sagt Kovic.
Studentinnen widersprachen Berichterstattung in Nau.ch-Umfrage
«Viele Medien übernahmen die Schlagzeile der ‹SonntagsZeitung›, ohne zu prüfen, was wirklich dahinter steckt», so sein Vorwurf.
Auch Nau.ch hat über die Geschichte berichtet. Und am Folgetag nachgehakt.
Eine Umfrage bei jungen Studentinnen zeigte die Gegenseite der Geschichte auf. Alle Befragten streben sehr wohl eine Karriere an, wie sie gegenüber Nau.ch bekräftigten.
Tamedia überträgt die Verantwortung der Story dem Schweizer Presserat. «Im Falle einer Beschwerde liegt es an ihm. Er muss darüber urteilen, ob der gültige Journalistenkodex eingehalten wurde», sagt der Kommunikationsverantwortliche Philip Kuhn auf Anfrage von Nau.ch.
Laut Kuhn ist es Aufgabe der Medien, die Öffentlichkeit über Ergebnisse von Studien zu informieren. Das gelte auch dann, wenn Dritte – in diesem Fall unter anderem Kovic – die Aussagen einer Studie kritisch betrachten würden.