Brett Kavanaughs Wahl ist eine Wahltaktik der Republikaner
Das Wichtigste in Kürze
- Trump sieht die Wahl von Brett Kavanaugh als «gewaltiger Sieg».
- Trotz Vorwürfen der sexuellen Belästigung hielten die Republikaner am Kandidaten fest.
- Wie sich Kavanaughs Wahl auswirken wird, zeigt sich bei den Midterm-Wahlen im November.
Für einen ist es ein Triumph auf ganzer Linie – für US-Präsident Donald Trump. Er hat es geschafft, dass sein Kandidat Brett Kavanaugh zum Richter am Obersten Gericht, dem Supreme Court, ernannt wird. Ein «gewaltiger Sieg» und ein «historischer Tag» in den Worten des 72-jährigen republikanischen Präsidenten.
Es ist ein knapper, aber dennoch deutlicher und definitiver Sieg – auch für die Republikaner. Mit 50 zu 48 Stimmen hievt der US-Senat den 53-jährigen erzkonservativen Juristen ins höchste rechtssprechende Staatsorgan der USA. Nun ist Kavanaugh einer von neun Mitgliedern des Supreme Court. Jenem Gericht, welches die wichtigsten Grundsatzentscheide für die amerikanische Gesellschaft fällt. Entscheide etwa zu Themen wie der gleichgeschlechtlichen Ehe oder zur gesetzlichen Krankenversicherungspflicht. Und weil Kavanaugh auf Lebzeiten gewählt ist, wird seine Ernennung weit über die Amtszeit von Trump hinaus richtungsweisend bleiben.
Auf der anderen Seite ist es eine gewaltige Niederlage für die Demokraten. Sie haben es nicht geschafft, die Wahl des umstrittenen Juristen zu verhindern. Auch nicht, als drei Frauen – darunter die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford – Trumps Kandidaten der sexuellen Nötigung und versuchten Vergewaltigung an einer Party vor 36 Jahren bezichtigten.
Trotz Vorwürfen setzten Republikaner auf Kavanaugh
Es mag erstaunlich erscheinen, dass die republikanische Partei trotz der heftigen Vorwürfe am Kandidaten festhielten, muss doch mit einem erheblichen Image-Schaden für die Partei gerechnet werden. Sie haben nun einen der versuchten Vergewaltigung bezichtigten Mann zum Obersten Richter ernannt, ohne die Vorfälle genauer unter die Lupe zu nehmen.
Zwar hatte der Justizausschuss des Senats eine «zusätzliche» Hintergrundüberprüfung von Kavanaugh durch die Bundespolizei FBI angeordnet. Dafür wurde aber nur eine Woche Zeit eingeräumt. Das FBI unterliess es dann auch die beiden Hauptpersonen – nämlich Kavanaugh und dessen Hauptanklägerin Chrisitne Blasey Ford – selbst anzuhören.
Mann, der Bier mag
Noch erstaunlicher ist, dass die Partei an Kavanaugh nach dessen Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats festhielt. Kavanaughs Auftritt war alles andere als souverän. Mit verzerrtem Gesicht, Wutausbrüchen und Tränen in den Augen wies er die von Ford vor dem Ausschuss vorgelegten Anschuldigungen vehement zurück.
Auf eine Frage der demokratischen Senatorin Amy Klobuchar, ob Kavanaugh jemals soviel getrunken hatte, dass er Gedächtnislücken hatte, reagierte Kavanaugh salopp mit der Gegenfrage: «Sie fragen über Black-outs – ich weiss nicht – hatten Sie?» An einer anderen Stelle der Anhörumg räumte Kavanaugh ein: «Ich mochte Bier. Ich mag Bier immer noch.» Und dass er auf Partys in den 80ern «manchmal» zu viel Bier getrunken hatte. Ein Alkoholproblem wies er jedoch entschieden zurück.
Frage der Wahltaktik
Dass Kavanaugh, der seit 2006 hinter dem Richterpult sitzt, selbst mal Subjekt einer Anhörung werden würde, damit hatte er wohl nicht gerechnet. Der dürftige Auftritt des Mannes, der nun zum Obersten Richter der USA gewählt wurde, zeigt, dass er der Aufgabe vor dem Ausschuss schlichtweg nicht gewachsen war. Für die Demokraten ist das Fazit darum klar: Kavanaugh hat sich als unabhängiger Richter disqualifiziert.
Auch der eine oder andere republikanische Senator dürfte darob ins Grübeln geraten sein. Dass schliesslich trotzdem 50 Stimmen für Kavanaugh zusammengekommen sind, hat einen triftigen Grund. Am 6. November stehen in den USA Halbzeitwahlen an. Dann werden ein Drittel der Senatoren und das gesamte Repräsentantenhaus neu bestimmt. Gewinnen die Demokraten in beiden Kammern eine Mehrheit, könnten sie künftig Entscheide des Präsidenten blockieren – etwa auch die Ernennung eines Obersten Richters.
Dass nun die Wahl von Kavanaugh, trotz der happigen Vorwürfe, durchgeboxt wurde, hat also vorrangig parteipolitische Gründe. Ob schliesslich die Demokraten oder Republikaner am 6. November daraus Profit schlagen werden, ist schwierig abzuschätzen. Klar ist, die Vorwürfe werden an Kavanaugh weiterhin haften bleiben.