Arzt kaum erreichbar – Patienten gucken in die Röhre
Wer einen Arzt oder eine Ärztin braucht, weiss: Sie zu kontaktieren ist oft schwer. Doch warum sind Arztpraxen telefonisch nur so selten erreichbar?
Das Wichtigste in Kürze
- Arztpraxen schränken ihre Telefonzeiten immer mehr ein.
- Wenn das Telefon dann bedient ist, kommt man nur schwer durch.
- Das macht es für Kranke schwer, ihren Arzt oder ihre Ärztin zu erreichen.
Wer kennt es nicht: Man fühlt sich schlecht, hat ein spezifisches Leiden oder möchte einfach nur einen Termin ausmachen. Aber wenn man seinen Arzt oder seine Ärztin kontaktiert, kommt regelmässig die Stimme des Anrufbeantworters. Arzt oder Ärztin sei zurzeit nicht erreichbar, heisst es dann.
Dies, obwohl die Arztpraxen eigentlich geöffnet wären. Doch viele schränken – wohl aus personellen oder finanziellen Engpässen heraus – ihre telefonische Erreichbarkeit stark ein. Das führt dazu, dass die Telefone zu den bedienten Zeiten überlastet sind und es kaum ein Durchkommen gibt.
Doch nicht nur die eingeschränkte Erreichbarkeit bereitet den Patientinnen und Patienten Mühe – auch die allgemeinen Telefonzeiten sind ein Problem. Viele Praxen bedienen ihre Telefone vor allem zu Bürozeiten. Genau die Zeit also, in der Herr und Frau Schweizer selber arbeiten. Ein Punkt, der es zusätzlich erschwert, eine Praxis zu kontaktieren.
Stetige Zunahme im Notfall
Dass Patientinnen und Patienten ihre Ärztinnen und Ärzte nicht mehr erreichen, ist ein bekanntes Problem. «Unsere Patienten berichten immer häufiger, dass die Arztpraxen nur sehr limitiert erreichbar sind.» Das bestätigt Jean-Marc Gauer, Leiter der Notfallstation am Sonnenhofspital in Bern, gegenüber Nau.ch.
«Daraus resultiert, dass wir oftmals als Rettungsanker fungieren», so der Arzt weiter.
Es sei zwar nachvollziehbar, dass bei der allgemeinen Überlastung der Arztpraxen die Erreichbarkeit der Termine eingeschränkt werde. Dies führe aber zu einer «stetigen Zunahme der Patientenzahl sowohl im Notfall, als auch im Walk-In-Bereich». Gauer weiter: «Dies bekräftigt uns in unserem Streben, den Patienten einen möglichst hürdenfreien Zugang zur adäquaten ärztlichen Versorgung zu gewährleisten.»
Begrenzte Erreichbarkeit nachvollziehbar
Die Ärztegesellschaft des Kantons Bern sagt auf Anfrage: «Der Wunsch von Patientinnen und Patienten nach einer lückenlosen Erreichbarkeit ihrer Ärztin oder ihres Arztes ist nachvollziehbar.» Dass aber Telefone ausserhalb der Praxisöffnungszeiten nicht bedient seien, sei legitim.
Auch die Patientenorganisation SPO kann die begrenzte Erreichbarkeit grundsätzlich verstehen. Diese sei vor allem mit dem «enormen Personalmangel» erklärbar. Die Organisation kenne das Phänomen der schlecht erreichbaren Ärzte, sagt auch Geschäftsführerin Susanne Gedamke. Probleme mit der Erreichbarkeit seien vor allem in der Grundversorgung – bei den Hausarztpraxen – ein Thema.
Bei dringenden Anliegen: zum Arzt oder zur Ärztin im Notfall
Gedamke erklärt: «Wir raten meistens dazu, bei einem sehr dringenden Anliegen einen Arzt oder eine Ärztin im Notfall aufzusuchen.» Es bestehe zudem die Möglichkeit, «telemedizinische Angebote in Anspruch zu nehmen. Diese können häufig bereits Abhilfe verschaffen.»
Es komme leider auch immer wieder vor, dass das Nicht-Erreichen von Ärztinnen und Ärzten Folgen habe. Ausserdem komme es auch vor, «dass Ärzte ihren Patienten explizit raten, keine Notfallstation aufzusuchen». Dies könne je nach Sachlage ernsthafte Konsequenzen haben, sagt die Geschäftsführerin der Patientenorganisation.