«Falsches Bild»: Kosovo-Reise öffnet SVPler die Augen
Ein Aargauer SVP-Politiker besucht die kosovarische Heimat einer Bankerin aus Gebenstorf AG. Nun will er die Zusammenarbeit beider Länder fördern.
![Kosovo SVP](https://c.nau.ch/i/bmOArw/900/kosovo-svp.jpg)
Das Wichtigste in Kürze
- Nach einer Kosovo-Reise sagt ein SVPler: «Ich hatte ein falsches Bild von Kosovaren.»
- Christoph Perrin lernte die kosovarische Bankerin Arbnora Mayer über Linkedin kennen.
- Die Bekanntschaft führte zur gemeinsamen Reise und wurde zum Augenöffner.
Ein Kommentar auf dem Portal Linkedin ist der Beginn einer speziellen Bekanntschaft.
Der Aargauer SVP-Politiker Christoph Perrin will der Bankerin Arbnora Mayer aus Gebenstorf AG für ihren Mut zur Selbstständigkeit gratulieren. Daraus wird eine spezielle Beziehung zwischen dem 54-jährigen Badener SVP-Vorstandsmitglied und der 35-jährigen Kosovarin.
Nach einigen Gesprächen und Treffen landen die beiden letzten Oktober zusammen im Kosovo.
Von Überraschung zur Reise
Gegenüber der «Aargauer Zeitung» schildern der SVP-Politiker und die Kosovarin, wie sie ihre Vorurteile beiseitegelegt haben. Denn besonders bei der SVP haben Kosovaren einen schwierigen Stand.
So hiess es 2011 auf einem SVP-Inserat für die Volksinitiative gegen die Masseneinwanderung: «Kosovaren schlitzen Schweizer auf!»
Das führte zu einer Verurteilung wegen Rassendiskriminierung.
Als Kosovarin Mayer erfährt, dass Perrin der SVP angehört, fragt sie ihn deshalb: «Darfst du überhaupt mit mir reden?»
Sie sei irritiert gewesen, «dass er sich überhaupt bei mir meldete». Als Ausländerin, Kosovarin und Muslimin verkörpere sie «doch all das, was seine Partei ablehnt».
Nach Gesprächen und Treffen lädt Mayer Perrin in ihre Heimat ein. «Damit er sich vor Ort ein eigenes Bild machen kann», begründet Mayer.
Der SVP-Politiker macht die Reise nach Kamenicë – im Osten des Landes und nahe an Serbien – mit und sagt im Nachhinein: «Ich hatte ein falsches Bild von Kosovaren und Arbnora hat mir die Chance gegeben, dieses zu revidieren.»
SVPler: «Vorurteile zerbrechen»
Im Kosovo spürt der SVPler eine grosse Gastfreundschaft. «Mit welcher Herzlichkeit ich von Arbnoras Familie empfangen wurde, war unglaublich», schildert Perrin.
Als Gast habe er nie etwas zahlen dürfen – eine Tradition im Land. «Das war mir am Anfang nicht recht, vor allem weil für unsere Verhältnisse alles so günstig ist.»
Die grüne und hügelige Landschaft erinnert Perrin an die Schweiz. Auffallen tun ihm der respektvolle Umgang miteinander und die vielen jungen Menschen, die fliessend Deutsch und Englisch sprechen.
«Dass ich mich in einem muslimischen Land befand, merkte ich kaum. Selten sah ich eine Frau mit Kopftuch. Moscheen und Kirchen existieren nebeneinander», sagt er in der «AZ».
«Reist hin und überzeugt euch selbst, was der Kosovo zu bieten hat. Vorurteile zerbrechen, wenn man die Realität mit eigenen Augen sieht.»
Was der Aargauer Politiker lehrt: Das Verhalten von in der Schweiz negativ auffallenden Kosovaren kommt auch in deren Heimat nicht gut an.
Polizistentochter Arbnora Mayer erwähnt Autoposer: «Mit schnellen Autos wird geprahlt und Lärm gemacht. Für die Einheimischen ist das pures Chaos.»
Ein solches Verhalten erklärt sie sich damit, dass viele Kosovaren oft mit nichts als ihren Erinnerungen aus dem Krieg flohen. «In der Schweiz trafen sie auf Überfluss. Plötzlich konnten sie sich Dinge leisten, die vorher unerreichbar waren.»
Politiker Perrin zeigt Verständnis: «Es ist mir ein Anliegen zu betonen, dass sich nur ein kleiner Teil der Kosovaren in der Schweiz danebenbenimmt. Dank Arbnora habe ich viele kennengelernt, die erfolgreiche Unternehmer sind, hart arbeiten und unser Land bereichern.»
«Andere belächeln uns noch»
Der SVPler wünscht sich nun, dass auch die Schweiz dem Kosovo helfen kann. Das Land befinde sich im Aufbau.
«Wenn wir die Menschen vor Ort unterstützen, bleiben sie in ihrer Heimat», sagt Perrin. «Die SVP will, dass die Schweiz nicht überbevölkert wird. Statt auf Verbote und Regulierungen zu setzen, müssen wir in echte Lösungen investieren.»
Nur Druck machen reiche nicht, findet der Aargauer. Man müsse den Menschen stattdessen die Hand reichen. Perrin hofft, seine Erfahrungen aus dem Kosovo kann in seiner Partei zu Veränderungen helfen.
Arbnora Mayer freut es, dass nun gerade ein SVPler solche Pläne hat, auch wenn diese in einer anderen Partei wohl besser ankommen würden. «Es ist wichtig, dass er diese Ideen genau dort hat, wo Veränderung nötig ist.»
Bisher stossen die beiden auf gemischte Reaktionen, wie Perrin verrät: «Einige SVP-Mitglieder zeigen Interesse, andere belächeln uns noch.»