Papst Benedikt: Schweizer Katholiken erbost über neue Vorwürfe
Der ehemalige Papst Benedikt soll Missbrauch in der Kirche vertuscht haben. Schweizer Katholiken sind empört, insbesondere, weil er sich nicht einsichtig zeigt.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Gutachten wirft Ex-Papst Benedikt XVI. die Vertuschung von Missbrauch vor.
- In einer Stellungnahme zeigte er sich jedoch nicht einsichtig.
- Schweizer Katholiken sehen dadurch die Glaubwürdigkeit der Kirche beschädigt.
Nun erreicht der Missbrauchsskandal in der Römisch-Katholischen Kirche ihr früheres Oberhaupt. Ein neues Gutachten belastet den emeritierten Papst Benedikt XVI. (94) schwer.
Als damaliger Münchner Erzbischof Joseph Ratzinger soll er in vier Fällen von sexuellem Missbrauch nichts unternommen haben. Die beiden Priester, die den Missbrauch verübten, blieben demnach weiterhin tätig, auf kirchenrechtliche Sanktionen wurde verzichtet.
Der Vorwurf der Vertuschung löst weit über das Erzbistum München (D) hinaus eine Welle der Empörung aus. Auch in der Schweiz ist man erbost.
Theologe Simon Spengler leitet die Kommunikation der Katholischen Kirche im Kanton Zürich. Er sagt auf Anfrage von Nau.ch: «Das sind massive Vorwürfe. Da es sich dabei um den emeritierten Papst handelt, haben diese Vorwürfe ein besonderes Gewicht.»
Ex-Papst zeigt sich uneinsichtig
Spengler kritisiert insbesondere die Stellungnahme von Papst Benedikt. «Es ist besonders dramatisch, dass er total uneinsichtig reagiert und sämtliche Mitschuld von sich weist.»
Dies stehe im Widerspruch zu Papst Benedikts Amtszeit (2005-2013). In der traf er sich mit Missbrauchsopfern und entschuldigte sich im Namen der Kirche für die Taten.
Für Spengler steht fest: «Er macht damit nicht nur sich, sondern die ganze Institution unglaubwürdig. Er bekräftigt das Image einer Kirche, die nicht fähig und gewillt ist, konsequent aufzuräumen.»
«Vorwürfe gegen Papst Johannes Paul II. wären Super-GAU»
Der katholische Theologe sieht die Spitze des Eisbergs im Missbrauchsskandal allerdings noch nicht erreicht. Spengler verweist auf Papst Johannes Paul II. (†84) aus Polen, wo die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs noch ganz am Anfang steht.
Spengler warnt: «Sollten auch bei ihm Vertuschungsmanöver in seiner Zeit als Bischof von Krakau ans Tageslicht kommen, wäre dies der Super-GAU. Im Gegensatz zu Papst Benedikt XVI. wurde er schliesslich bereits heiliggesprochen.»
Die Kirche in der Schweiz kann nicht Einfluss auf die Aufarbeitung im Ausland nehmen. Dennoch werde sie dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Es sei mit weiteren Kirchenaustritten zu rechnen, so Spengler.
Dennoch: Untätig bleibe die Kirche in der Schweiz nicht. Spengler verweist auf ein Projekt, wonach alle Schweizer Bistümer ihre Archive offenlegen müssen. «Wichtig ist, dass ohne Rücksicht auf Personen tabula rasa gemacht wird.»