Unwetter: Darum regnet es im Süden der Schweiz stärker
In den letzten zwei Wochen haben Unwetter vor allem im Süden der Schweiz für Überschwemmungen gesorgt. Diese Region ist anfälliger für starke Niederschläge.
Das Wichtigste in Kürze
- Unwetter haben im Misox GR, im Wallis und im Tessin Verwüstung angerichtet.
- Im Süden der Schweiz regnet es dieses Jahr nicht häufiger als nördlich der Alpen.
- Laut Experten kommt es im Süden aber zu einem seit jeher bekannten Phänomen.
Die Bilder der letzten zwei Wochen haben die Schweiz geschockt: Zunächst sorgten vorletztes Wochenende Unwetter im Misox GR und in Zermatt VS für Überschwemmungen und Erdrutsche. Anschliessend wüteten am vergangenen Wochenende heftige Unwetter im Wallis und im Tessin.
Auch hier kam es zu Überschwemmungen und Erdrutschen. Diese haben ein Bild der Verwüstung hinterlassen. Mehrere Menschen kamen bei den Unwettern der vergangenen zwei Wochen ums Leben.
Doch warum scheinen die Naturkatastrophen dieses Jahr gerade den Süden der Schweiz besonders zu treffen?
«Unwetter betreffen nicht vor allem den Süden der Schweiz»
Laut Stephan Bader von der Abteilung Klima bei Meteoschweiz trügt der Schein: «Die Unwetter dieses Jahr betreffen nicht vor allem den Süden der Schweiz.» Er erinnert daran, dass es Ende Mai in der Nordostschweiz und am östlichen Alpennordhang beachtliche Niederschlagsmengen gab: «An einigen Messstandorten fielen Tagessummen von 70 bis 100 Millimeter.»
Das habe vom Vierwaldstättersee bis zum Bodensee sowie dem Rhein entlang zu einer Hochwassersituation geführt. Zudem sei es lokal zu Hangrutschen gekommen. Am Ufer des Bodensees kam es stellenweise zu Überschwemmungen. Ausserdem sei es in Süddeutschland zu massiven Überschwemmungen mit grossen Schadensfolgen gekommen.
Auch am 25. und 26. Juni kam es in mehreren Regionen der Schweiz zu kräftigen Niederschlägen, die zu Überschwemmungen führten. «Betroffen waren die Südwestschweiz (Regionen um Genf, Jura mit Rekord-Gewitterregen), die Nordwestschweiz (Unwetter im Kanton Baselland) und die Region Schaffhausen.»
«Süden ist anfälliger für Starkniederschläge als die Nordschweiz»
Dennoch gibt es eine Erklärung für die heftigen Schäden im Süden der Schweiz. Manuela Brunner vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) hält fest: «Der Süden ist anfälliger für Starkniederschläge als die Nordschweiz. Weil sich dort oft feuchtigkeitsgeladene Luftpakete aus dem Mittelmeerraum anstauen und schliesslich ausregnen.»
Die Böden im Süden könnten aber per se nicht weniger Wasser aufnehmen als jene im Norden.
«Im Süden hatten wir es mit einer klassischen Südstaulage zu tun», erklärt auch Bader. Solche Lagen seien bekannt für grosse Regenmengen.
Die aus Süden herangeführte feuchte Mittelmeerluft werde am Alpensüdhang durch die Alpenbarriere zum Aufsteigen gezwungen. Dadurch sei sie in die höheren, kühlen Schichten der Atmosphäre gelangt. «Die warme Luft kühlt sich rasch ab und kondensiert, was den heftigen Regen auslöst», so Bader.
Südanströmungen hätten in der Vergangenheit auf der Alpensüdseite schon oft sehr starke Niederschläge ausgelöst. «Das ist ein seit jeher bekanntes Phänomen im Alpenraum. Manchmal greifen solche Niederschläge auch ins Wallis über, wie im aktuellen Fall.»