Wurde Zermatt bei Tengelmann-Verschwinden unter Druck gesetzt?
Das Wichtigste in Kürze
- Tengelmann-Erbe Karl-Erivan Haub verschwand bei einer Solo-Skitour.
- Er soll sein Verschwinden und seinen Tod nur inszeniert haben.
- Hintergrund sollen Russland-Geschäfte und Agenten-Tätigkeiten gewesen sein.
Am 7. April 2018 verschwand der Milliardär und Tengelmann-Erbe Karl-Erivan Haub bei einer Skitour am Kleinen Matterhorn in Zermatt. Die Bergretter fanden keine Spur des Deutschen, vor zwei Jahren wurde er für tot erklärt.
Doch das Verschwinden sorgt für Fragezeichen. Lebt der Milliardär etwa noch und hat er sein Verschwinden nur inszeniert?
Journalistin Liv von Boetticher schrieb ein Buch zum Fall und gewährte «Focus» Einblick in die Ermittlungsunterlagen. Die Tengelmann-Gruppe nahm am Tag nach dem Verschwinden die Ermittlungen auf. Schnell kam sie zum Schluss, dass Haub sein Verschwinden inszeniert hatte.
Die Ermittler haben Ungereimtheiten bei der Vorbereitung ausgemacht. Der erfahrene Skitourenfahrer Haub soll stets sehr vorsichtig gewesen sein und sich immer gut vorbereitet haben. Davon war in Zermatt nichts zu sehen.
So stellte er seinen Plan kurzfristig um und liess sich ins Wallis anstatt nach Frankreich fliegen. Angeblich wegen des Wetters. In Zermatt aber war das Wetter nicht gut. Zudem stellte Haub sein Smartphone auf dem Weg auf den Berg ab.
Weitere Gründe für das Verschwinden könnten dubiose Russland-Geschäft und eine mutmassliche Tätigkeit als Agent gewesen sein. So stiess von Boetticher bei ihren Recherchen auf seltsame Investitionen und mögliche Geldwäsche. Deutschland soll darüber im Bilde gewesen sein, aber nicht ermittelt haben. Das Verschwinden habe nicht beleuchtet werden sollen.
Und das haben laut den Recherchen auch die Schweizer Behörden und Bergretter mitbekommen. Sie sollen aus dem Tengelmann-Umfeld unter Druck gesetzt worden sein. Es soll Ermahnungen gegeben haben, stets die Version vom Skiunfall für Haubs Verschwinden zu nennen.
Journalistin: «Haub lebt»
Die Behörden sollen dann auch die Öffentlichkeit gezielt mit Falschinformationen versorgt haben. So wurde behauptet, es habe kurz nach dem Verschwinden zwei Meter Neuschnee gegeben. Dadurch seien Spuren vernichtet worden. Die Tengelmann-Ermittler bezeichnen das als Lüge, es seien «perfekte Bedingungen für eine Suche» vorgelegen.
Aufgrund ihrer Recherche hat Journalistin von Boetticher die Aufhebung der Todeserklärung von Haub beantragt. Sie will, dass im Fall weiterermittelt wird. Die Staatsanwaltschaft Köln lehnte dies aber aufgrund mangelnder Beweise ab.
Für von Boetticher aber ist klar, dass Haub lebt. Sie vermutet, dass er sich nach seinem inszenierten Tod nach Russland abgesetzt hat und nun dort lebt.
Hat Haub ein uneheliches Kind mit einer russischen Spionin?
Darauf deutet auch Veronika E. hin: Sie soll die angebliche Geliebte Haubs gewesen, jedoch vom russischen Geheimdienst FSB auf ihn angesetzt worden sein. Vor seinem Verschwinden waren sich die beiden näher als je zuvor, dies zeigen Telefonprotokolle. Zudem haben die Ermittler «zahlreiche Hinweise», dass Haub und Veronika ein gemeinsames Kind haben.
Mysteriös ist auch, dass sowohl CIA- als auch FSB-Agenten nach Haubs Verschwinden in Zermatt auftauchten. Und zwar bevor die Öffentlichkeit über informiert worden ist.
Ein Verdacht lautet nun, dass Haub befürchtete, dass seine Russland-Geschäfte kurz vor dem Auffliegen waren. Der US-Geheimdienst CIA geht deswegen davon aus, dass sich der Tengelmann-Erbe zuerst nach Italien und dann nach Russland absetzte.