Das halte ich als Metzger von militanten Veganern
Der Berner Metzger Ruben Sprich schätzt Vegetarier und Veganer als Kunden – solange Respekt herrscht. Doch militante Kritiker stellen ihn auf die Probe.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwischen Vegetariern und Fleischessern besteht oft ein grosser Graben.
- Eine Ausnahme bildet ausgerechnet ein Berner Metzger.
- Eine Kolumne von Ruben Sprich. Er betreibt die Metzgerei Grunder in der Berner Altstadt.
Als Metzger habe ich schon viele Diskussionen über Fleisch und Vegetarismus geführt. Für mich ist klar: Fleisch gehört einfach zum Leben dazu – gut gereiftes, hochwertiges Fleisch, das man mit Sorgfalt zubereitet.
In den letzten Jahren begegne ich immer häufiger Vegetariern und Veganern. Viele meinen, ein Metzger müsse diese Menschen als «Feinde» sehen. Ich sehe das anders – auch wenn ich natürlich gegen ein Fleischverbot bin.
Vegetarier als Kunden – das geht!
Tatsächlich habe ich auch Vegetarier als Kunden. Dabei steht bei mir gar kein Fleischersatz auf der Theke. Sie kaufen das Fleisch nicht für sich selbst, sondern vielleicht für ihre Partner oder Familie. Oder sogar für ihre Hunde!
Und wissen Sie was?
Einige von ihnen schätzen meinen Laden sehr: Das Fleisch sei schön ausgerichtet – und das aus dem Mund eines Vegetariers!
Es freut mich extrem, wenn Menschen meinen Laden gern betreten, obschon sie selbst kein Fleisch essen. Das ist für mich ein Zeichen von gegenseitigem Respekt.
Diskussionen über Tierhaltung – wichtig, aber manchmal anstrengend
Ja, manchmal werde ich gefragt, woher das Fleisch kommt und wie die Tiere gehalten wurden. Ehrlich gesagt, freue ich mich über diese Fragen.
Ich verstehe es vollkommen, wenn Menschen kritisch nachfragen. Ich bin schliesslich selbst darauf bedacht, nur Fleisch von Tieren anzubieten, die gut gehalten und nicht gequält wurden.
Das ist mein Prinzip. Billigfleisch von Tieren, die unter grausamen Bedingungen gehalten werden, käme mir nie in den Laden.
Militante Veganer – eine andere Sache
Es gibt auch eine andere Seite. Die meisten Menschen – ob Fleischesser oder nicht – sind offen für einen freundlichen Austausch. An konstruktiven Diskussionen nehme ich gern teil. Aber dann diese kleine Gruppe, die sehr aggressiv gegen Fleisch und dessen Anbieter vorgeht ...
Vorweg, auch wenn Sie es nicht glauben: Beschimpft wurde ich bisher noch nie. Aber ich höre es von anderen.
Trotzdem können die sogenannten «militanten Veganer» anstrengend sein. Sie machen einen Vorwurf nach dem anderen und manchmal habe ich das Gefühl, sie wollen nicht diskutieren, sondern nur provozieren.
Doch auch hier versuche ich, ruhig zu bleiben und meinen Standpunkt klarzumachen: «Leben und leben lassen.»
Leben und leben lassen
Für mich ist das die beste Einstellung: Leben und leben lassen. Wer kein Fleisch essen will, muss es nicht. Und wer sich für einen bewussten Konsum entscheidet, ist bei mir richtig.
In meiner Metzgerei geht es um mehr als nur um Fleisch – es geht auch um den Menschen. Hie und da einen Schwatz mit meinen Kunden, das macht mir Freude. So hab ich erst erfahren, dass manche von ihnen Vegetarier sind.
Die Freude am Handwerk
Am Ende des Tages stehe ich zu meinem Geschäft, meinem Handwerk. Ich liebe es, wenn ich ein schönes Stück Fleisch gut abgehangen habe und es bereit ist, verarbeitet zu werden.
Ich weiss, dass das heutzutage nicht mehr jeder versteht, und das ist in Ordnung. Doch für mich ist es ein Handwerk, das ich mit Stolz und Hingabe ausübe.
Mein Fazit
Es ist völlig in Ordnung, wenn jemand kein Fleisch essen möchte. Die meisten Vegetarier und Veganer, denen ich begegne, sind Menschen mit Überzeugungen, die ich respektiere. Solange wir respektvoll miteinander umgehen, haben wir keinen Grund zur Feindschaft.
Es gibt genug Platz für alle – Fleischliebhaber und Vegetarier, Veganer und Metzger. Leben und leben lassen – das ist mein Motto.
Zum Autor: Ruben Sprich ist 57 Jahre alt und hat vor rund einem Jahr die Ross-Metzgerei «Grunder» in der Berner Rathausgasse übernommen. Neben Fleisch verkauft er selbst hergestellte Pasta.