LGBTQIA+-Blog: «Ehe für alle» ist zeitgemäss
In einem Monat haben wir die Möglichkeit, Geschichte zu schreiben. Warum die «Ehe für Alle» ein zeitgemässer nächster Schritt ist, erklärt Lucas in diesem Blog.
Das Wichtigste in Kürze
- Lucas (Anfangs 20) lebt in der City und nennt sich selbst ein Träumer der Extraklasse.
- Gerade heraus gibt er einen Einblick in die Extremen der Generation Z und LGBTQIA+-Welt.
- Diese Woche hat er sich Gedanken zur Ehe für alle gemacht, die bald vor die Urne kommt.
Dieses Mal fange ich mit einer Frage für die heterosexuelle Community an: Habt ihr jemals jemanden kennengelernt, der sich dafür geschämt hat, heterosexuell zu sein? Der alles dafür gegeben hätte, lieber schwul, lesbisch oder bisexuell zu sein?
Nein, gar niemanden? Ich auch nicht.
Doch im Laufe meines bisher kurzen Lebens habe ich schon Männer getroffen, die sich dafür geschämt haben, homosexuell zu sein. Typen, die alles dafür gegeben hätten, dass sie nicht schwul sind. Warum?
Wegen euch Heteros! Ihr seid die Mehrheit der Gesellschaft und habt mehr Rechte als homosexuelle Menschen. Für euch ist so vieles einfacher: Ihr müsst euch nicht outen und von Anfang an wird akzeptiert, dass ihr heterosexuell seid. Ihr dürft heiraten und könnt eine Familie gründen, Kinder adoptieren und habt sogar das Recht, auf künstliche Befruchtung zurückzugreifen.
Gleichzeitig sind ALLE ANDEREN MENSCHEN, die nicht dieselbe sexuelle Orientierung haben, eingeschränkt in ihren Freiheiten.
Wir anderen werden anders behandelt aufgrund unserer Sexualität. Etwas, dass wir nicht für uns selbst gewählt haben. Niemand macht sich zum Homosexuellen, man ist homosexuell.
Alle Menschen haben eine naturgegebene Sexualität und diese ist für jeden von zentraler Bedeutung. Es ist einfach so – an der Natur gibt es nichts zu rütteln.
Ehe für alle = gleiche Freiheiten für alle
Die Abstimmung über die «Ehe für Alle» dreht sich also vor allem darum, ob alle Menschen – unabhängig von ihrer Sexualität – die gleichen Rechte und Freiheiten erfahren dürfen.
Es gibt nun Stimmen, die sagen, dass die Ehe nicht neudefiniert werden kann, weil sie historisch und über alle Kulturen hinweg zwischen Mann und Frau gilt.
Doch aus der Geschichte lernen wir, dass Kulturen sich ändern, um in der Moderne weiterzukommen. Dass die einzige Konstante die Veränderung ist, wissen wir von Heraklit – genau das zeigt auch die Geschichte. Nichts ist für ewig, alles verändert sich durch unsere eigene Entwicklung und der unserer Umwelt.
Deshalb braucht es diese Öffnung der Ehe für schwule, lesbische und bisexuelle Menschen. Hätten sich Kulturen über die Jahrhunderte hinweg nicht entwickelt, könnten viele von uns nicht die Rechte ausüben, die sie heute geniessen dürfen – wie etwa geschiedene Eheleute.
Aber auch körperlich oder geistig Eingeschränkte und sogar Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe oder Religion und unzählige weitere Beispiele. Sie alle zeigen, dass Recht und Gleichberechtigung trotz der Historie und Kultur eines Landes immer wieder neu geschaffen werden musste.
Jeder entscheidet selbst
Die Welt ist voller unterschiedlicher Menschen. Ich bin deshalb auch der Meinung, dass eine traditionelle Sicht auf die Ehe nicht als diskriminierend angesehen werden sollte. Denn: Jeder entscheidet für sich selbst.
Wer eine traditionelle Sicht auf seine eigene Ehe haben möchte, soll das so machen – doch Respekt und Akzeptanz für andere Ansichten der Ehe gehören auch dazu. Zu heiraten müsste doch für alle möglich sein, die sich lieben.
Ich bin sicher, viele von uns denken, dass, wenn Menschen sich gegenseitig lieben und sich für ein Leben lang zusammen entscheiden, dass das eine wunderbare Sache ist. Warum also sollte jemand ein sich liebendes Paar davon abhalten zu heiraten, nur weil sie schwul, lesbisch oder bisexuell sind?
In Europa ist die gleichgeschlechtliche Ehe bereits in 16 Ländern gesetzlich fest verankert – wie in unseren Nachbarländern Frankreich, Deutschland und Österreich
In der Schweiz ist die Ehe aktuell nur zwischen Mann und Frau anerkannt statt zwischen Liebe und Liebe. Lasst uns das endlich ändern.
Danke für dein Ja am 26. September 2021 zur «Ehe für Alle» – an der Urne für eine kunterbunte Schweiz!