Radu Golban über das BAG und das Coronavirus
Die BAG-Satire «Combat Corona» könnte die Netflix Serie «Space Force» verdrängen. Ein Gastbeitrag von Radu Golban zum Coronavirus.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Zahl der Coronavirus-Erkrankungen in der Schweiz steigt weiter rasant an.
- Radu Golban glaubt, dass die vielen BAG-Konferenzen eine Netflix-Serie verdrängen könnten.
Dr. Daniel Koch, oder auch «Mister Corona» genannt, könnte mit seinen nahezu täglichen Auftritten den Start der Netflix-Satire «Space Force», mit John Malkovich in der Hauptrolle, verschieben. Ob der Hollywood Schauspieler über seinen Schweizer Doppelgänger glücklich ist, liegen uns keine Informationen vor
John Malkovich in der Rolle des ehrgeizigen und brillanten wissenschaftlichen Beraters, Dr. Adrian Mallory, wird sich sicherlich noch vom obersten Corona-Conquistador des BAG ein Scheibchen abschneiden können. Während die US-amerikanische Parodie auf das aberwitzige Vorhaben Trumps, die Weltraumherrschaft zu sichern, abzielt, ist die BAG Parodie das Komisch-Tragische einer Seuchenbekämpfung.
Den Start der Schweizer Satire gaben die ersten Infizierten in Italien. Dr. Daniel Koch, der Leiter der Abteilung für Übertragbare Krankheiten des BAG, erklärte uns, dass man bestens auf das Virus vorbereitet sei. Zu den Glanzleistungen der Vorbereitung zählen freilich die üppig ausgestatteten Notreserven an Masken und Schutzmaterialien in der Schweiz, welche, um wohl überfüllte Lager zu vermeiden, vom Deutschen Zoll vergangene Woche gestoppt wurden.
Vermutlich wollten die deutschen Zöllner ihm das Prädikat «bestens gewappnet» vorenthalten, damit er nur als Held der Corona Abwehr und nicht noch als Superheld durchgeht. Die lull und lall Solidarität in Europa hat der «alles im Griff»-Devise des BAG als peinliches Spektakel zum Durchbruch verholfen. Eigentlich nicht weiter schlimm, da Italien im Zeichen der Solidarität, statt von Brüssel, von Peking Schutzmasken erhalten hat.
Vorgeschmack auf utopische Ambitionen
Ich wäre der Anweisung von Dr. Koch, am Wochenende daheim zu bleiben ohnehin gefolgt, da ich sowieso ungeduldig auf die US-Satire warte und lieber seine Presseauftritte verschlinge, um somit etwas Vorgeschmack auf utopische Ambitionen zu bekommen. Als Zuschauer fiebert man mit dem obersten Corona-Beschützer der Schweiz mit, der sichtlich ermüdet den unsichtbaren Todesbringer bekämpft.
Daheim fiebern, weil man aus Solidarität mit den Problemfällen, nicht ins Spital sollte, liess er verlauten. Schade, hat er uns nicht vor zwei Wochen gesagt, dass die Schmerzgrenze bei rund zweihundert Infizierten liege. Da es eine Parodie ist, sollte man auch nicht denken, dass die Stunde der starken Männer geschlagen habe.
Vielmehr in der grotesken Abkehr vom primären Ziel, eine Epidemie durch Tests möglichst einzudämmen, erreicht das schauspielerische, behördliche «Kafkese» einen weiteren Höhepunkt. So verwundert es wenig, dass der Bund nicht mehr alle Corona-Infizierte sucht, möchte sich das BAG vermutlich in die Stilrichtung der Absurdität von Monty Python einreihen und gleich zwei Renaissancen feiern: jene von Grenzen überschreitenden Seuchen und jene der einheimischen Komödien. Zum Glück ist es Corona und keine Vogelgrippe, weil die betagten Hühner sonst nicht lachen könnten.
Eichenbergers Durchseuchungsgedanke
Nüchtern betrachtet sollte das BAG sich die Filmrechte sichern, um sich mit dem Geld für künftige Fälle besser zu wappnen. Filmreif und «made in Absurdistan» erscheint die Handhabe der Grenze nach Italien. Nachdem man diese vor zwei Wochen nicht schliessen wollte, und die ersten 50 Infizierten laut einem Bericht der «NZZ» vom 6.3.2020 ausnahmslos gesicherten Kontakt nach Italien hatten, möchten die Corona-Flüsterer vermutlich ihre unausgesprochene, hippe «Masernparty-Fantasie» noch weiter und proaktiver ausleben.
Treu dem Motto mancher Virologen, wenn sich 70% der Menschen infizieren, würde man die Übertragung des Virus eindämmen? Ja, die Grenze bleibt weiterhin offen. Die unethische, menschfeindliche und wissenschaftliche Rückendeckung könnte von Prof. Dr. Rene Eichenberger kommen, der in ökonomischer Erhabenheit vom Vorteil der Durchseuchung in einem Interview vom 8.3.2020 in «20min.ch» spricht.
Statt verpönte Masernparties warum nicht gleich Coronaparties Herr Eichenberger? Umsonst habe ich darauf vertraut, dass solche abergläubischen Immunisierungsevents von Impfgegnern unter Strafe stehen. Wir wissen auch nicht, ob Eichenbergers Durchseuchungsgedanke auf eine Selbsterfahrung bei der Masernimmunität zurückgeht. Uninteressant wie seine Theorie.
Grenze nach Italien
Die Realität könnte Herrn Eichenberger bereits eingeholt haben. Die Grenze nach Italien soll sogar unter Missachtung der italienischen Quarantänevorschriften offen bleiben. Es hat sich in der Lombardei vermutlich noch nicht herumgesprochen, dass mit einem Schweizer Grenzgängerausweis, man leichter ins Tessin fährt als nach Neapel.
Die Schweiz möchte unbedingt täglich tausende von Menschen aus der verseuchten Lombardei, welche sonst aus Zügen Richtung Süditalien von der Polizei in Quarantäne gesteckt werden. Vermutlich verspricht man sich vom Bild des Schweizerkreuzes auf den Ausweisen bei den Netflix-Nachahmern eine an abendländischen Symbolen entlehnte, heilende Wirkung des Kreuzes. Amen.
Zum Glück fand jüngst eine Meinungsumfrage statt, welche dem BAG und dem Bund Bestnoten attestiert. In der Tat brilliert man in der Kommunikation, welche eher eine Domäne von PR-Agenturen als von Medizinern ist. Und weil das Risiko laut dem BAG, wörtlich moderat ist, sollte man anders als die Volksrepublik China, die Menschen in ihrer Mobilität nicht einschränken, sondern ihnen bei der regen grenzüberschreitenden Reisetätigkeit allzeit «Gute Reise und Händewaschen» nahelegen.