Abschied vom Ausstieg: Michael Stipe kehrt zur Musik zurück

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USA,

Acht Jahre war vom grossen Alternative-Rockstar Michael Stipe zum Leidwesen vieler Fans praktisch nichts zu hören. Jetzt würdigt der Sänger ein 25 Jahre zurückliegendes Kapitel seiner Ex-Band R.E.M., macht wieder eigene Musik - und kämpft für den Klimaschutz.

Die Mitglieder der Band R.E.M. 1994. Foto: Keith Carter/Universal/dpa
Die Mitglieder der Band R.E.M. 1994. Foto: Keith Carter/Universal/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Überraschend verkündete die mit über 80 Millionen verkauften Tonträgern erfolgreichste Rockband der 90er Jahre am 21.

September 2011 ihr Aus. Ganz ohne Streit gehe man auseinander, betonten Michael Stipe, Mike Mills und Peter Buck, besser bekannt als R.E.M.

Bei dem Split soll es auch bleiben, sagt Frontmann Stipe jetzt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin in einem seiner seltenen Video-Interviews: «Das Kapitel R.E.M. ist vorbei.» Stattdessen hat er Anderes vor - unerwarteterweise auch wieder als Musiker.

Während Bassist Mills und Gitarrist Buck mit diversen Projekten - unter anderem gemeinsam in der prominent besetzten Spass-Kombo The Baseball Project - dem Business treu blieben, stieg Sänger Stipe 2011 aus. Nach mehreren Jahren als Bildender Künstler, Fotograf und interessierter Konzertbesucher - mit Wohnsitz unter anderem in Berlin - kehrt er nun aber mit der ersten Single «Your Capricious Soul» auf die grössere Bühne zurück. Für ein Anliegen, das nach seiner Meinung derzeit wichtiger ist als jedes andere: Klimaschutz.

Der 59-Jährige engagiert sich für die weltweit aktive Bewegung Extinction Rebellion (übersetzt: Aufstand gegen die Auslöschung). Der neue Song erschien im Oktober - und klingt anders als die Musik, die Stipe mit R.E.M. gemacht hat. «Auf "Your Capricious Soul" bin ich sehr stolz. Und ich arbeite an weiteren Liedern», erzählt Stipe im dpa-Interview. Ob daraus ein Solo-Album werde, wisse er noch nicht. «Ich setze mich da auch nicht unter Druck. Denn ein Album ist im Jahr 2019 ein ganz anderes Ding als vor 25 Jahren.» Er komponiere zum ersten Mal unabhängig von einer Band. «Das macht mir Spass, und wir werden sehen, was dabei herauskommt.»

Der frühere R.E.M.-Sänger veröffentlichte «Your Capricious Soul» zur Ermutigung des gewaltfreien Umweltaktivismus. «Ja, ich wollte die Single im Oktober herausbringen, um Extinction Rebellion vor der Klimaprotest-Woche zu unterstützen und um meine eigene Stimme hinzuzufügen - für eine Gruppe, die mich tatsächlich sehr optimistisch macht», sagt Stipe. «Das erste Jahr mit den Erlösen meiner Musikaufnahmen kommt voll Extinction Rebellion zugute.»

Eine totale Überraschung ist Stipes Engagement nicht. Er komme «aus einer Tradition von Pro-Umwelt-Aktivismus. Schon 1981 haben R.E.M. eine Show für eine Umweltschutzgruppe gespielt.» Früher habe man Greenpeace unterstützt, sagt der Musiker. «Die sind super. Aber jetzt ist das Jahr 2019, da brauchen wir auch so etwas wie Extinction Rebellion, einen gewaltfreien Klimaprotest, um den Regierungen in der ganzen Welt entgegenzutreten und zu sagen: Ihr tut nicht genug.»

Am fürchterlichsten von allen findet Stipe den Präsidenten seines eigenen Landes, Donald Trump. «Ich habe mir in New York ein T-Shirt gekauft, darauf steht in 14 Sprachen: "I'm sorry about our President". Ich könnte mich als Amerikaner kaum mehr schämen, als ich es derzeit tue», betont er im dpa-Gespräch. Zudem seien die Wiederwahl-Chancen Trumps wegen des «bizarren Wahlsystems» der USA leider gross - obwohl nach Stipes Einschätzung nie und nimmer 50 Prozent der Amerikaner denken, der Amtsinhaber mache einen guten Job. «Oh je, mein Blut beginnt zu kochen, wenn ich darüber rede», sagt Stipe und schüttelt sich vor Widerwillen.

Das Interview in Berlin hat sich längst Richtung Klima- und US-Politik entwickelt - dabei war der Anlass ein ganz anderer: Gemeinsam haben die ursprünglich vier Musiker von R.E.M. - neben Stipe, Mills und Buck auch der 1997 ausgestiegene Schlagzeuger Bill Berry - eine opulente Neuauflage zum 25. Jahrestag ihres Albums «Monster» erstellt. Es kam mit seinen rauen Rocksongs seinerzeit bei vielen Fans nicht gut an - «Monster» irritierte nach dem Welterfolg der prächtigen Balladenplatte «Automatic For The People» (1992).

«Für uns ist es ein ganz besonderes Album», sagt Stipe über die 1994 erschienene Platte. «Wenn man auf unseren Karriereverlauf schaut, war "Monster" echt seltsam, aber ich bin sehr stolz drauf.» Die Band habe sich damals entschieden, «nicht den leichten Weg zu nehmen, sondern etwas radikal Anderes zu machen».

Auch Bassist Mills meint im dpa-Interview, die Platte habe eine zweite Chance verdient. «Bei "Monster" haben wir tatsächlich freiwillig die Verstärker aufgedreht und die grossen Gitarren rausgeholt, und wir hatten dabei eine gute Zeit. Neben schönen ruhigen Platten wollten wir eben auch laut brüllende Platten machen. "Monster" war so eine.» Dank der Jubiläums-Edition mit fünf CDs plus BlueRay erkenne man, «wie stark diese Lieder sind. Das hat Bestand.»

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