Warum Schauspieler in München Bairisch lernen
Bairisch ist ein beliebter Dialekt. Auch im Fernsehen ist er seit Jahren oft zu hören. Das Wichtigste: Es muss sich richtig anhören. In einem Kurs lernen Schauspieler, peinliche Fehler zu vermeiden.
Das Wichtigste in Kürze
- Bayerische Schauspieler sind im deutschen Fernsehen gefragt.
«Hubert und Staller», «Die Rosenheim Cops», «Der Bulle von Tölz», «Dahoam is dahoam» oder ab 8. Mai die neue ARD-Vorabendserie «Watzmann ermittelt» - Beispiele für die vielen Serien mit dem Dialekt.
Schauspieler wie Christian Tramitz, Gisela Schneeberger, Monika Gruber, Sebastian Bezzel oder Andreas Giebel beherrschen ihn meisterhaft. Andere wollen ihn lernen, etwa bei der Regisseurin und Dozentin Steffi Kammermeier, die Schauspieler seit Jahren coacht und Kurse anbietet. Sogar Hamburger hätten schon teilgenommen. «Natürlich kann ich denen nicht an einem Wochenende beibringen, wie sie flüssig Bairisch sprechen», sagt sie. «Was ich aber machen kann, ist die schlimmsten Peinlichkeiten vermeiden zu helfen.»
Gerade Liebesszenen können zur Falle werden, wie Sepp Obermeier weiss, Vorsitzender im Bund Bairische Sprache. Formulierungen wie «I liab di» etwa gebe es im Bairischen eigentlich nicht, betont er. Doch was sagt man dann, wenn man seine Zuneigung ausdrücken will? «Du gfallerst mia», erklärt Obermeier. Oder auch: «Mogst schmusn?». Kurz und direkt, ohne Umschweife. «Früher hat man gar keine Zeit gehabt für sowas, so lyrische Sachen hat es nicht gegeben.»
Das Wichtigste im Bairisch-Kurs: die Grammatik. Etwa der bairische Genitiv: «Opas Schrank»? Falsch. «Das heisst dann «am Opa sei Schrank»», erklärt Kammermeier. Oder die Vergangenheit: «Ich ging, ich hatte»? Richtige Antwort: «I bin ganga, i hab ghabt». Auch die Satzstellung unterscheide sich. So wird aus dem «depperten Depp» ein «Depp, du depperter».
Florian Odendahl aus der ZDF-Krimiserie «Soko München» schlägt sich auch bei dem Kurs mit solchen Feinheiten herum. Er ist in München aufgewachsen. Wenn er in der «SOKO» den Rechtsmediziner Dr. Maximilan Weissenböck spielt, spricht er Dialekt. «Akademikerbairisch, hochmünchnerisch», nennt er seine Sprachfärbung. Warum dieser Kurs? «Das war eher privates Interesse», sagt Odendahl. «Ich glaube, dass ich im Dialekt ganz gut zuhause bin, aber man kann nie genug wissen.»
Teilnehmer wie Odendahl gibt es viele. «Ich kenne das Phänomen, dass Schauspieler hierher kommen und ihrer bayerischen Sprachwurzeln nicht mehr mächtig sind. Sie haben es sich mühselig abtrainiert», berichtet Kammermeier. Überbleibsel aus einer Zeit, als Bairisch in der Schule verpönt war. Heute werden Schüler dazu ermuntert, um den Dialekt vor dem Aussterben zu bewahren. Der Münchner Thomas Sprekelsen erinnert sich an seine Schauspielschule: «Da haben sie mir mit Rauswurf gedroht, wenn ich weiter Dialekt spreche». Jetzt will er wieder ins Bairische reinkommen, auch weil er elf Jahre lang am Staatstheater in Kassel war. Und weil er sich auf künftige Rollen vorbereiten will, in denen er Bairisch sprechen soll.
Das lohnt sich: «Für jeden Schauspieler ist es vorteilhaft, einen Heimatdialekt zu beherrschen und diesen wenn möglich auch in seiner Arbeit einzusetzen», heisst es etwa beim ZDF. «Bezogen auf das ZDF sind die bayerischen Dialekte wahrscheinlich die am häufigsten gesprochenen.» Auch die ARD setzt darauf. «Bayerisch gefärbtes Schauspiel hat eine lange Tradition mit unzähligen legendären Grössen, die bis in die heutige Zeit hinein strahlt», meint Sprecher Burchard Röver. «Wichtig ist, dass der bayerische Dialekt in Sendungen des Ersten authentisch ist, aber auch in Flensburg oder Leipzig verstanden wird.»
Deshalb bringt Kammermeier ihren Schülern eine Art «Konsensbairisch» bei. Eindeutig Oberbayerisch, aber gut verständlich. Etwa den Satz: «I waar jetz do», mit verdumpftem A am Ende und dem Konjunktiv, der bayerischen Höflichkeitsform, wie die Dozentin erklärt. «I waar», «ich wäre» jetzt da. Und für den praktischen Gebrauch im Wirtshaus: ««I hätt gern no a Bier» heisst: Könnte ich bitte noch ein Bier haben?».
Florian Odendahl fühlt sich durch den Kurs motiviert, vor allem für seine Rolle bei «SOKO München». Die Drehbücher sind allerdings - wie so oft - auf Hochdeutsch geschrieben. Die Schauspieler müssen sie selbst in den Dialekt übertragen, aber darauf hat Odendahl jetzt wieder richtig Lust: «Ich lasse mal wieder mehr den Bayer raus. Schauen wir mal, wie das klappt!»