Anti-Terror-Gesetz: Junge fordern Etablierte heraus

Der Bund will besser gegen Anschläge schützen und hat ein polarisierendes Anti-Terror-Gesetz verabschiedet. Claude Longchamp rechnet mit Gegensätzen nach Alter.

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Politologe Claude Longchamp analysiert die kommende Abstimmung über das Anti-Terror-Gesetz. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Anti-Terror-Gesetz ist wegen der möglichen staatlichen Massnahmen höchst umstritten.
  • Im Zentrum der Debatte stehen der radikale Islam, aber auch die Menschenrechte.
  • Claude Longchamp prognostiziert einer polarisierten Gesellschaft.

Das Justiz- und Polizeidepartement steht voll und ganz hinter dem Anti-Terror-Gesetz, welches zukünftige terroristische Anschläge besser verhindern soll. Gegen das Gesetz wurde jedoch das Referendum ergriffen, weswegen das Stimmvolk am 13. Juni über die Vorlage abstimmen wird.

Jungparteien Anti-Terror-Gesetz Referendum
Mitglieder der JGLP, Jungen Grünen und Juso sowie auch der Piratenpartei posieren bei der Unterschriften-Übergabe für das Anti-Terror-Referendum. - Keystone

Zum Erfolg des Referendums haben einerseits Jungparteien, andererseits die Gruppierung «Freunde der Verfassung» beigetragen. «Das Referendum ist zweimal zustande gekommen», schmunzelt Politologe Claude Longchamp. Er spricht mit Nau.ch über den Abstimmungskampf rund um das Gesetz.

Anti-Terror-Gesetz: Liberalismus gegen Konservatismus

Schon im Parlament habe sich der Graben zwischen gesellschaftskonservativen und sozialliberalen Auffassungen gezeigt, sagt der Experte. Die bürgerlichen Parteien SVP, FDP und Mitte seien geschlossen für, die SP, GLP und Grünen gegen die Vorlage.

Freunde der Verfassung Covid-19-Gesetz
Die «Freunde der Verfassung» haben sowohl im Referendum gegen das Anti-Terror-Gesetz als auch gegen das Covid-19-Gesetz mitgewirkt. - Keystone

Das Thema interessiere vorwiegend junge Menschen, so Longchamp. «Sie haben eine andere Definition von Menschenrechten», erklärt der Politologe. «Und viel mehr Sympathien für Kinderrechte. Das Gesetz sei für sie ausserdem eine «zu starke Machtdemonstration vom bürgerlich-konservativen Staat».

Dem wollen die Jungparteien ein liberales Gesellschaftsverständnis entgegensetzen. Unterstützung erhalten sie dabei von der Operation Libero, der Piratenpartei und vom Chaos Computer Club. Sogar die Jungfreisinnigen haben, anders als ihre Mutterpartei, die Nein-Parole beschlossen. Die anderen Jungbürgerlichen empfehlen jedoch ein Ja.

Verletzung der Menschenrechte? Bund streitet ab

Aber wieso geht es genau um Menschenrechte? Das Anti-Terror-Gesetz sieht vor, die Polizei dazu zu ermächtigen, präventive Massnahmen anordnen und durchführen zu können. Das heisst konkret, jemand könnte bestraft werden, ohne eine Straftat begangen zu haben. Dafür würde eine Einschätzung der Bundespolizei ausreichen, ob jemand ein Gefährder oder eine Gefährderin ist.

Vuille Claude Longchamp Talk
Politologe Claude Longchamp analysiert mit Christof Vuille, stv. Chefredaktor von Nau.ch, regelmässig die aktuellsten Geschehnisse in der Schweizer Politik. - Nau.ch

Zu den Massnahmen gehört zum Beispiel eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit, oder auch obligatorische Gespräche mit Sozialpädagogen. Kritisiert wird auch, dass Minderjährige vom Anti-Terror-Gesetz betroffen sind. All diese Tatsachen verstossen aus Sicht der Gegner gegen Menschen- und Kindesrechte.

Wie stehen Sie zum Anti-Terror-Gesetz?

Diese Vorwürfe weist der Bund ab. Gegen die Massnahme könne sich jeder Betroffene wehren und Einspruch erheben. Zudem seien solche präventive Massnahmen als «letztes Mittel» gedacht.

Karin Keller-Sutter steht alleine im Ja-Lager

Vonseiten der Befürworter des Anti-Terror-Gesetzes ist im Abstimmungskampf bisher wenig zu hören. Dennoch sei die prominenteste Ja-Vertreterin Bundesrätin und Justizministerin Karin Keller-Sutter. «Sie hat den radikalen Islam sehr stark in den Vordergrund gerückt. Sie weiss nach der Abstimmung über das Verhüllungsverbot, dass das die gesellschaftskonservativen Kreisen in der Schweiz eint und anspricht.».»

Antiterrorgesetz Karin Keller-Sutter
Bundesrätin Karin Keller-Sutter trifft an der Medienkonferenz zum Antiterrorgesetz ein. - Keystone

Aber Keller-Sutter stehe im Moment ziemlich alleine: Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage seien «eindeutig aktiver», sagt Longchamp. Trotzdem spreche im Moment «relativ viel» für ein Ja.

Doch die Jungparteien hätten ihren Abstimmungskampf eben erst gestartet. Sollte sich wie bei der E-ID eine zivilgesellschaftliche Bewegung gegen das Gesetz formieren, «könnte es knapp werden».

Erste Zustimmung gemässe Umfrage überraschend hoch

Gemäss ersten Umfragen bekommt das Anti-Terror-Gesetz 68 Prozent Zustimmung und 27 Prozent Ablehnung. «Die Höhe der Zustimmung überrascht», kommentiert Longchamp. «So würde heute eine Mehrheit der Grünliberalen zustimmen, obwohl die Partei eine Nein-Parole beschlossen hat. Auch bei SP und Grüne sind die Stimmabsichten geteilt, anders als es die Nein-Empfehlung der Partei vorsieht.»

Die entscheidende Altersgruppe bei dieser Vorlage seien die 40 bis 60-Jährigen, urteilt der Politologe. Er erwarte jedoch, dass die Ja-Bereitschaft sinken werde, sobald die Kampagnen von «links bis in die Mitte eingesetzt haben». Ob dies jedoch für eine Mehrheit ausreichen werde, bleibe offen.

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