«Arena»: Simonetta Sommaruga wirbt für CO2-Gesetz
Das CO2-Gesetz wird breit unterstützt, aber auch hart bekämpft. In der «Arena» traf Bundesrätin Simonetta Sommaruga auf SVP-Vertreter.
Das Wichtigste in Kürze
- Das CO2-Gesetz ist eine der fünf Vorlagen, über welche die Schweiz am 13. Juni abstimmt.
- Das Referendum haben die Auto- und Öl-Lobby ergriffen, unterstützt von der SVP.
- Das Gesetz geniesst sonst von allen Parteien volle Unterstützung.
Mit dem CO2-Gesetz soll die Schweiz bis 2050 klimaneutral werden und bis in neun Jahren nur halb so viel CO2 ausstossen wie heute. Um diese Ziele des Pariser Klima-Abkommens zu erreichen, wollen Bundesrat und Parlament die entsprechende Abgabe auf fossile Brennstoffe erhöhen und eine Flugticket-Abgabe einführen.
Das eingenommene Geld soll teils wieder an die Bevölkerung und teils in einen Klimafonds fliessen, über den klimafreundliche Investitionen und Innovationen gefördert werden sollen.
Die Erhöhung der CO2-Abgabe wird vor allem diejenigen betreffen, welche nicht klimabewusst leben. Daran stört sich allen voran die SVP. Gleich zwei Parlamentsmitglieder der wählerstärksten Partei der Schweiz waren in der «Arena» vertreten: Nationalrat Thomas Hurter (SH) und Nationalrat Christian Imark (SO).
Letzterer kämpft an vorderster Front gegen das CO2-Gesetz. Es sei zu teuer, vor allem für den Mittelstand, so Imark. Hurter ist vor allem gegen die Benzinabgabe und die Flugticketabgabe: Der Schaffhauser ist Präsident des Automobilclubs Schweiz und Präsident des Dachverbands der Schweizerischen Luft- und Raumfahrt.
Auf der Pro-Seite warben einerseits Bundesrätin Simonetta Sommaruga – die Umweltministerin ist vollends überzeugt vom Gesetz, auch wegen seines sozialen Aspekts – und andererseits Ständerat Damian Müller (FDP/LU) für die Vorlage.
Müller hält das CO2-Gesetz für eine Chance: Die Schweiz könne ihr innovatives Talent aufzeigen und das Gesetz setze Reize dafür, sagt er. Während der Sendung glänzte der Ständerat mit Fachwissen, in Erinnerung blieb aber folgender Satz: «Wir sind die Generation, die den Klimawandel zu spüren bekommt und wir sind wahrscheinlich die letzte Generation, die jetzt noch etwas in Bewegung setzen kann.»
Sommaruga: «Das CO2-Gesetz ist Kompromiss»
Im Zentrum der «Arena» zum CO2-Gesetz stand natürlich Energieministerin Sommaruga. Gleich von Beginn weg machte sie klar, warum der Bundesrat das CO2-Gesetz für einen zwingend nötigen Schritt in die Zukunft hält. «Die Schweiz ist besonders vom Klimawandel betroffen, wir müssen jetzt vorwärts machen – und zwar so, dass die Bevölkerung und auch die Wirtschaft etwas davon haben», sagte Sommaruga.
Wer bei den klimafreundlichen Technologien nicht mitmache, so die Bundesrätin weiter, der habe verloren. «Das gilt für uns alle, deshalb ist dieser Schritt so wichtig. Dieses Gesetz ist eine grosse Chance für unser Land.» Die Schweiz habe «tolle Köpfe und tolle Technologien», um die Nase vorn zu haben, fügte sie hinzu. Man müsse jetzt mit dem Gesetz aber «wirklich» die Anreize schaffen.
Während das CO2-Gesetz einigen zu weit geht, geht es einigen nicht weit genug. Deshalb haben sich etwa auch Teile der Klimastreikenden dem Referendum angeschlossen. Darauf angesprochen meinte Sommaruga: «Das CO2-Gesetz ist keine Revolution, das ist so – aber in der Schweiz machen wir das, was sich immer bewährt hat: Ein Kompromiss.»
Sie fasste zusammen: «Das Gesetz ist sozial, unterstützt die Wirtschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels.»
Imark greift Sommaruga frontal an
Dieser Einstieg von Sommaruga war für Christan Imark gefundenes Fressen. Der SVP-Nationalrat warf ihr vor, sich als Bundesrätin zu stark für das Gesetz zu engagieren. Sie renne von einer PR-Aktion zur nächsten. «Die linke Seite darf das und muss sich nicht an die Regeln halten. Das ist einfach unfair», sagte er.
Sommaruga begründete ihr Engagement zuvor mit den Worten: «Klimaschutz ist Heimatschutz. Ich glaube, auch eine Bundesrätin darf ein Herz für unser Land haben.»
Imarks Parteikollege, Thomas Hurter, bezeichnete das CO2-Gesetz als reine Umverteilung die «politisch und nicht wissenschaftlich» sei. Man bestrafe einen Teil der Bevölkerung in dem sie Abgaben leisten müssten. Bei solchen Umverteilungen wolle er nicht mitmachen.
Sommaruga entgegnet und hielt fest: «Wenn man auf das Klima Rücksicht nimmt, dann bekommt man mehr als das man einzahlen muss. Die, die wirklich dem Klima schaden, die sollen das nicht gratis machen dürfen.»
Imark kam anschliessend auf genau diese Kosten zu sprechen und verharrte für den Rest der Sendung bei dem Thema. Er behauptete, dass es nicht stimme, dass die Mehrheit der Gelder «zurückverteilt» werde. «Fakt ist, dass die Benzinpreise und die Heizölpreise erhöht werden und es gibt eine Flugticketabgabe.» Die Befürworter sprachen von einem Ablenkungsmanöver.
ETH-Forscher vs. SVP-Jungstar
Erwartungsgemäss brachte der SVP-Jungstar auch das Argument vor, dass die Schweiz kaum Einfluss auf den weltweiten CO2-Ausstoss habe. Dies löste bei ETH-Klimaforscher Reto Knutti Kopfschütteln aus. «Es ist lächerlich, dass dieses Argument immer noch kommt. Das wäre ja das gleiche, wenn ich sagen würde, ich müsse keine Steuern zahlen, weil diese im gesamten Steuervolumen der Schweiz keine Rolle spielen.»
Knutti stellte klar: «Wir haben ein gemeinsames Problem, wir müssen es gemeinsam lösen. Praktisch alle Länder haben das Pariser Abkommen ratifiziert – auch die Schweiz und das heisst, wir müssen diesen Beitrag leisten.»
Der ETH-Forscher hielt fest, dass zwar inzwischen niemand mehr den Klimawandel leugne. «Über diese Stufe sind wir glücklicherweise hinweg. Jetzt kommen wir aber in die Phase wo es heisst, es koste zu viel oder es gibt andere, die schlimmer sind. Das sind fadenscheinige Argumente, die vom wirklichen Problem ablenken.»
Der direkte Angriff des Wissenschaftlers löste bei Imark einen Konter aus: «Herr Knutti müsste eigentlich für den Nationalrat kandidieren und Politik machen. Denn genau das machen die Klimawissenschaftler. Sie sind unglaubwürdig, wenn sie aktiv für ein CO2-Gesetz werben, obwohl sie genau wissen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, um den CO2-Ausstoss zu reduzieren, ohne den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen.»
Priska Wismer und Damian Müller
Eine Person, die während der hitzigen Diskussion fast als Oase der Ruhe wirkte, war Nationalrätin Priska Wismer-Felder. Die Mitte-Politikerin nahm – gleich wie Knutti übrigens –nur in der zweiten Reihe der «Arena» platz, sorgte aber mit wichtigen Aussagen dafür, dass die stehenden Studiogäste sich nicht zu sehr in den Details verloren.
Während sich diese nämlich über die Zahlen stritten, sagte Wismer-Felder, dass «der Punkt für sie ein ganz anderer» sei: «Es geht jetzt darum Verantwortung zu übernehmen, das sage ich auch als Mutter und Grossmutter. Wir müssen für die nächste Generation, die auch das Anrecht hat hier zu leben, den Blick nach vorne richten.»
Man wolle mit dem Gesetz die fossilen Brennstoffe unattraktiver machen und stattdessen klimafreundliche Technologien unterstützen, sagte die Bäuerin und Mutter von fünf Kindern. «Es braucht diesen ersten Schritt. Dieser ist sicher nicht perfekt, trotzdem gibt es für mich keine Alternativen.»
Zum Schluss wollten die Sendungsmacher von Energieministerin Simonetta Sommaruga wissen, ob sich die Schweiz ein solches Gesetz inmitten der Corona-Krise überhaupt leisten könne. Die SP-Bundesrätin antwortete mit einer Gegenfrage: «Können wir es uns leisten, nichts zu tun und zu schauen, wie sich der Klimawandel weiter entwickelt?»