«Arena»: SVP-Bircher gibt Zuwanderung Teil-Schuld an der Pflegekrise
In der «Arena» wird der Pflegenotstand diskutiert. Yvonne Biri fordert Sofortmassnahmen und Investitionen in Geld, Zeit und Vereinbarkeit.
Das Wichtigste in Kürze
- In der «Arena» der Pflegenotstand und die Umsetzung der Pflegeinitiative diskutiert.
- Laut Yvonne Ribi waren die Kantone nicht vorbereitet, was unverständlich sei.
- Erich Ettlin nimmt die Kantone in Schutz, es sei schwierig, die Gesetzgebung anzupassen.
Im November 2021 wurde die Pflegeinitiative mit grosser Mehrheit angenommen. Für die Ausbildungsoffensive hat der Bund bereits eine Milliarde Franken gesprochen, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen wird diskutiert. Vielen, vor allem vielen Pflegefachkräften, geht es aber zu langsam.
Martina Bircher, Nationalrätin der SVP, begründet dies in der «Arena» mit der Annahme der Pflegeinitiative: «Wir haben immer gesagt, dass beim indirekten Gegenvorschlag die Realisierung schneller gegangen wäre.» Mitte-Ständerat Erich Ettlin sagt: «Wir handeln, aber es braucht Zeit.»
Zeit, die man gemäss Yvonne Ribi, der Geschäftsführerin Berufsverband der Pflegefachpersonen, aber nicht hat. Das Pflegepersonal sei massiv gefordert, ein Drittel sei zwei Jahre nach dem Abschluss der Ausbildung nicht mehr im Beruf. «Der Pflexit ist Realität.»
Sie habe immer gesagt, dass die Kantone, die die Ausbildungsoffensive umsetzen müssen, nicht bereit seien, so Ribi. «Sie wissen seit dem Gegenvorschlag, was auf sie zukommt.» Deshalb sei es unverständlich, dass nicht vorwärts gemacht werde.
Auch Ettlin sagt, die Kantone seien in der Pflicht, die Milliarde liege bereit. Ein «Kantons-Bashing» wolle er aber nicht, es sei schwierig, die Gesetzgebung anzupassen.
Ribi will auch, dass die Arbeitsbedingungen schnell verbessert werden, die Kantone sollen Sofortmassnahmen finanzieren, damit die Pflegenden im Beruf blieben. Es brauche Investitionen in Geld, Zeit für die Pflegenden mit den Patienten und die Vereinbarkeit.
Grüne-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber fordert, dass der Bund die Kantone zu mehr Tempo zwingt. Er soll Kantone, die vorwärts machen, subventionieren und damit die wartenden unter Druck setzen.
Arena»: Viele gehen laut Ettlin zu schnell in den Notfall
Auch über mögliche Gründe für den Pflegenotstand wird in der «Arena» diskutiert: Erich Ettlin sieht einen Teil des Problems darin, dass es zu wenig Hausärzte gibt. Dadurch würden Leute schneller in den Notfall gehen. Patienten sollten Pflegefachkräfte nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie es auch wirklich nötig hätten.
Martina Bircher sieht das Problem in der Zuwanderung: «Im letzten Jahr ist die Schweiz durch die Migration um 200'000 Personen gewachsen. Statistisch gesehen braucht es deswegen 860 zusätzliche Spitalbetten und 2300 zusätzliche diplomierte Pflegefachkräfte.» Zwar kämen auch Pflegende ins Land, jedoch deutlich zu wenig – «es ist eine Minusrechnung».
Prelicz-Huber widerspricht vehement: «Dass Migration den Pflegenotstand verschärft, ist einfach nicht wahr.» Die Zuwanderer belasteten das Gesundheitswesen unterproportional. «Zudem hätten wir die Pandemie ohne ausländisches Pflegepersonal nicht überlebt.» Rund ein Drittel der Pflegenden habe keinen Schweizer Pass.
«Arena»: Yvonne Ribi sieht fehlenden politischen Willen
Bircher will, dass das Geld an den richtigen Ort fliesst, und kritisiert die finanziellen Fehlanreize im System: So seien 10 bis 20 Prozent aller Operationen nicht notwendig. Sie beanspruchten das Pflegepersonal aber trotzdem. «Diese Fehlanreize müssen wir bekämpfen.»
«Da sind wir uns einig», pflichtet Prelicz-Huber bei, man müsse bei der Finanzierung hinschauen. Denn Operationen, auch die unnötigen, seien für Spitäler rentabel, gute Pflege hingegen nicht.
«Sie als Gesundheitspolitiker haben es im Griff, über die im Krankenversicherungsgesetz festgelegten Anreize zu entscheiden», sagt Ribi. Die Fehlanreize könnten durch politische Mehrheiten wegpolitisiert werden. «Sie haben die Möglichkeiten, Gesetze zu ändern. Doch es fehlt meines Erachtens am politischen Willen.»