«Arena»: SVP-Graber fordert einen «Atomexpress»
In der «Arena» wurde über neue AKW gestritten. SP & Mitte wollen lieber nach vorne schauen, die FDP das «Visier» offen halten und die SVP einen «Atomexpress».
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will das AKW-Bauverbot aufheben.
- SP und Mitte halten nichts davon, die FDP will das «Visier» offen halten.
- Die SVP sieht keine sichere Stromversorgung ohne neuen Kernkraftwerke.
Die von SVP-nahen Kreisen eingereichte Volksinitiative «Blackout stoppen» will vordergründig Technologie-Offenheit bei der Stromproduktion. In erster Linie heisst dies aber: Neue AKWs sollen wieder gebaut werden dürfen. Der Bundesrat macht zwar einen Gegenvorschlag, der aber ebenfalls den Bau neuer Atomkraftwerke ermöglichen soll.
Die Kontroverse um die Atomkraft wird zusätzlich angeheizt durch den kürzlich aufgedeckten Unterschriften-Bschiss: Zu Tausenden haben kommerzielle Unternehmen ungültige oder gar gefälschte Unterschriften einreichen wollen. Mitbetroffen, nebst vielen anderen: Die Initiative «Blackout stoppen».
In der «SRF Arena» wurde deshalb gleich beides diskutiert: Braucht es neue AKWs und wie glaubwürdig ist die direkte Demokratie noch? Eingeladen waren SVP-Nationalrat Michael Graber, SP-Nationalrat Jon Pult, FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher und Priska Wismer-Felder (Die Mitte).
Meinungen zu neuen AKW gehen weit auseinander
Jon Pult (SP) betonte in der «Arena», dass er es daneben finde, den Volksentscheid von 2017 zum Atomausstieg (Energiestrategie 2050) auf diesem Weg einfach zu kippen. Pult : «Was der Bundesrat mit dem Gegenvorschlag gemacht hat, ist weder klug noch opportun und eigentlich auch nicht ehrlich.» Sollten sie jetzt zum Entschluss gelangen würden, dass man zur Atomkraft zurückkehren möchte – «gegen den Willen der Bevölkerung»– dann sollte man «reinen Wein» einschenken, sagte der SP-Mann und erwähnte die Finanzierung an.
Kaum überraschend fand Michael Graber lobende Worte für den Bundesratsentscheid. Der SVP-Nationalrat sieht heute eine andere Ausgangslage als noch 2017: «Die sogenannte Energiestrategie hat nicht vorgesehen, dass wir eine vollständige Dekarbonisierung anstreben.» Graber erwähnte ausserdem, dass die Schweiz viel mehr Strom brauche. Für ihn ist deshalb klar, dass es keine sichere Stromversorgung ohne neuen Kernkraftwerke gebe: «Was wir brauchen, ist ein Atomexpress.»
Anders als noch vier Jahren, schliesse sie neue AKW nicht mehr aus, betonte FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher in der «Arena». «Was schon nur das Risiko einer Mangellage für unsere Wirtschaft und jeden einzelnen bedeuten kann, haben wir erlebt.» Die Versorgungssicherheit habe für sie deshalb die oberste Priorität. Und um diese zu gewährleisten, müsse man «das Visier» für alle Technologien aufmachen.
Dass die Versorgungssicherheit auch mit Strom aus Erneuerbaren Energien möglich sein würde, davon ist man auf der Gegenseite überzeugt. Mitte-Nationalrätin Priska Wismer-Felder glaubt aber, dass durch neue AKW-Debatte der Ausbau blockiert würde. «Wir müssen nach vorne schauen – stattdessen haben wir jetzt wieder eine Nebelpetarde, die wieder alles durcheinanderbringt.» Auch Wismer-Felder findet es nicht richtig, den Volksentscheid zum Atomausstieg zu kippen.
Gefälschte Unterschriften ein Thema in der «Arena»
Beim zweiten Thema in der «Arena» ging es um die kommerziell gesammelten Unterschriften, die für Initiativen gefälscht wurden. Betroffen sind laut Recherchen der Tamedia-Zeitungen neben vielen weiteren auch die «Stopp-Blackout-Initiative», welche die Debatte über die AKW erneut anstiess.
Dass das System seine Glaubwürdigkeit zurückgewinnen muss, darüber herrsche Einigkeit bei den Gästen der «Arena». Wie das geschehen sollte, dort gingen die Meinungen aber dann doch auseinander.
So forderten SP-Vize Jon Pult und die Co-Präsidentin der Jungen Grünen aus dem Kanton Bern, Gioia Benninger, in der «Arena» etwa ein Verbot des kommerziellen Unterschriftensammelns. SVP-Graber hingegen meinte, dass dieser Fall zeige, dass das System funktioniere. «Schliesslich ist der Betrug aufgeflogen und es wird jetzt ermittelt.»
Der Bundesrat erklärte am Freitag übrigens, es gebe keine verlässlichen Hinweise darauf, dass Volksinitiativen ausschliesslich durch manipulierte Unterschriften zustande gekommen seien.