Coronavirus: Mitte & FDP stellen sich voll hinter den Bundesrat
Der Bundesrat erhöht den Druck auf Ungeimpfte & will die Zertifikatspflicht zum Coronavirus ausweiten. Die SVP lehnt dies ab. Sonst gibt es viel Unterstützung.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will die Zertifikatspflicht für Beizen, Fitnesscenter & andere Bereiche.
- Die SVP lehnt die «ungerechte Massnahmen-Politik des Bundesrates ab».
- FDP, Mitte, GLP und Grüne stellen sich hinter den Bundesrat.
Heute Nachmittag hat der Bundesrat seine Pläne für eine Ausweitung der Zertifikatspflicht im Kampf gegen das Coronavirus angekündigt. Die Pflicht soll demnach neu etwa auch für Beizen, Fitnesscenter oder Zoos gelten.
Bei der SVP stossen die Pläne auf Ablehnung: «Die SVP lehnt die inkompetente und ungerechte Massnahmen-Politik des Bundesrates ab», schreibt die Partei in einer Medienmitteilung. Das Covid-Zertifikat als «Eintrittsticket» ins Restaurant bestrafe einmal mehr die sonst schon geplagte Gastronomie.
Bundesrat Alain Berset habe sein Versprechen gebrochen, dass das Zertifikat Ende Sommer vom Tisch sei. Das werde viele Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten treiben und somit den Bund nochmals hunderte Millionen Franken kosten.
Zudem prangert die SVP an, dass der Bundesrat verschweige, «dass die Intensivstationen überdurchschnittlich von Personen mit Migrationshintergrund belegt werden».
FDP, GLP und Grüne für Ausweitung des Zertifikats
Die FDP hingegen begrüsst den Entscheid des Bundesrates, wie die Partei in einer Medienmitteilung schreibt. Eine Ausweitung der Verwendung des Covid-Zertifikats zu prüfen, sei notwendig, «um restriktivere und freiheitsfeindlichere Massnahmen zu vermeiden, die die gesamte Bevölkerung und die Wirtschaft betreffen».
Die Partei fordert den Bundesrat aber auf, die Kriterien für die Ausweitung des COVID-Zertifikats klar und nachvollziehbar darzulegen. Zudem begrüsse die FDP die Aufhebung der kostenlosen Antigen-Schnelltests. Es könne keine Freiheit ohne Eigenverantwortung geben.
Grünen-Präsident Balthasar Glättli twitterte, angesichts der Überlastung des Gesundheitspersonals sei es «definitiv nicht zu früh», wenn der Bundesrat eine Ausweitung der Corona-Zertifikatspflicht prüfe. Kritisch betrachteten die Grünen die Aufhebung der Gratistests: Denn diese schützten nicht die Getesteten, sondern die anderen.
1/ Ein Thread zur aktuellen #Corona Situation in der CH: Hospitalisierungen haben sich im letzten Monat dreimal verdoppelt. Sollte sich das wiederholen, sind wir in einem Monat am Peak der zweiten Welle. Impfen ist das wichtigste Gegenmittel. Aber zu viele zögern leider noch.
— Balthasar Glättli🌻 🕊 (@bglaettli) August 25, 2021
Auch für GLP-Präsident Jürg Grossen ist die Entwicklung so «besorgniserregend», dass es richtig sei, wenn der Bundesrat eine Ausdehnung der Zertifikatspflicht ins Auge fasse. Eine Überlastung des Gesundheitswesens und ein weiterer Lockdown müssten verhindert werden, schrieb Grossen auf Twitter.
Stellungnahme unseres Parteipräsidenten @Juerg_Grossen zur heute kommunizierten Prüfung einer Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht durch den Bundesrat. #Corona #Covid19 #CoronaInfoCH #BREntscheid pic.twitter.com/a2ldjbSuyF
— Grünliberale Schweiz (@grunliberale) August 25, 2021
Coronavirus: Zertifikatspläne finden bei SP keine Erwähnung
Gar keine Erwähnung finden die Erweiterungspläne des Bundesrats für das Zertifikat in der Medienmitteilung der SP. Die linke Partei spricht darin lediglich davon, dass es dringend Massnahmen in den Schulen brauche und Unternehmen müssten mithelfen, die Impfkampagne voranzutreiben.
Es werde in den kommenden Wochen wichtig sein, dass Bund und Kantone die Bevölkerung gut und umfassend informieren, «damit sich mehr Menschen impfen lassen und an die Schutzmassnahmen halten».
Erst in einem knapp eine Stunde später verfassten Tweet schreibt die SP: «Wir befürworten die Ausweitung der Zertifikatspflicht, wenn das die Schliessungen von Restaurants und Kinos für alle verhindern kann.»
Die Mitte hingegen unterstützt das Vorgehen des Bundesrats klar: Das wichtigste Ziel sei und bleibe, eine erneute Überlastung der Spitäler und vor allem auch des Gesundheitspersonals zu verhindern oder gar einen erneuten Lockdown zu vermeiden.
«Die Mitte begrüsst insbesondere, dass so ein national koordiniertes Vorgehen möglich wird, wie es verschiedene Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren aktuell gefordert hatten.»
Unterstützung von Economiesuisse und dem Arbeitgeberverband
Kritisch einer Ausweitung des Zertifikats gegenüber steht auch Travail.Suisse, der Dachverband der Arbeitnehmenden. Zwar könne eine Ausweitung der Zertifikatspflicht die bessere Lösung sein, um weitere Betriebsschliessungen zu verhindern. Doch es stellten sich praktische Fragen. So sollten die Arbeitgebenden nicht erfahren dürfen, welche Mitarbeitenden geimpft seien.
Genau das sieht der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) anders. Denn das Covid-Zertifikat im Arbeitsbereich würde es den Arbeitgebenden erlauben, «grossflächig differenzierte Schutzkonzepte für Geimpfte und Ungeimpfte einzuführen». So könnte ein Lockdown abgewendet werden, den die Arbeitgebenden unbedingt verhindern wollten.
Eine Einschränkung des öffentlichen Lebens für genesene oder geimpfte Personen wäre bei einer erneute Ansteckungswelle überhaupt nicht mehr zulässig, findet Economiesuisse. Denn mit der Impfung und dem Zertifikat stünden geeignete Mittel zur Verfügung, um die Pandemie einzudämmen. Der Wirtschaftsverband unterstütze deshalb die Überlegungen des Bundesrates.