Die Post sät Zwietracht mit Saatgut aus Deutschland
Die Post schickt Saatgut-Konfetti aus Deutschland an alle Parlamentarier: SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr wünscht sich vom Staatsbetrieb mehr Sensibilität.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Post verschickt Saatgut-Konfetti aus Deutschland an alle gewählten Parlamentarier.
- SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr wünscht sich von einem Staatsbetrieb mehr Sensibilität.
- Die Thurgauerin ist überzeugt: Ein Schweizer Produkt wäre die bessere Wahl gewesen.
Die Schweizer Post hat eine Gratulationskarte mit Saatgut-Konfetti an alle gewählten Parlamentarier und Parlamentarierinnen verschickt: In einem bedruckten Couvert finden sie derzeit bunte Pflanzensamen in ihren Briefkästen – Pflanzensamen aus Deutschland.
Die Palette reicht von Spitzwegerich über Klatschmohn bis hin zur Skabiosen-Flockenblume: Die heimischen Wildpflanzen böten Heimat und Nahrung für Insekten und andere Tiere, so der plakatierte Nutzen des Saatgut-Konfetti. Mit den Pflanzensamen möchte das Staatsunternehmen «in der nächsten Legislatur die Saat für eine moderne Post pflanzen.»
SVP-Gutjahr wünscht sich Schweizer Produkte
Längst nicht alle Parlamentarier und Parlamentarierinnen freuen sich über die «Samenspende» in Konfettiform: SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr echauffiert sich über die Provenienz des Saatgutes. In einem X-Post stellt sie die Frage, weshalb die Schweizer Post Saatgut-Konfetti aus Deutschland verschicke.
Liebe @postschweiz, warum verschickt ihr Saatgutkonfetti aus Deutschland? pic.twitter.com/gh6IAVygtR
— Diana Gutjahr (@DianaGutjahr1) November 27, 2023
Auf Anfrage erklärt die Thurgauerin: Als Gewerbevertreterin und Unternehmerin setze sie sich täglich dafür ein, dass Arbeits- und Ausbildungsplätze in der Schweiz gehalten werden. Ferner wisse sie als Bewohnerin einer Grenzregion, welche finanziellen Auswirkungen der Einkaufstourismus für heimische Betriebe habe.
Unter «ökologisch» und «nachhaltig» verstehe Gutjahr möglichst kurze Transportwege – und erwarte entsprechend Produkte aus der Region: «Wenn die Post ein nachhaltiges Giveaway verteilen will, dann hätte es ganz bestimmt auch ein ähnliches Schweizer Produkt gegeben.»
Ferner sei es «irritierend», dass die Politik Schweizer Start-ups fördere, der Staat dann aber im Gegenzug ausländische Start-ups bevorzuge. Unter dem Strich erwarte sie von einem Staatsbetrieb mehr Sensibilität beim Einkauf seiner Produkte: «Bei solchen Entscheidungen, haben Staat und staatsnahe Betriebe eine grosse Vorbildfunktion.»
Die Post nimmt Stellung
Auf Anfrage von Nau.ch erklärt die Medienstelle der Post: «Wir haben mit unseren Lieferanten sorgfältig geprüft, ob es zum Zeitpunkt der Produktion auch Schweizer Hersteller von Saatgut-Konfetti gibt.» Gemäss dem Kenntnisstand der Post sei dies derzeit nicht der Fall.
Deshalb habe die Post das Saatgut schliesslich bei einem Schweizer Versandhändler beschafft, der mit nachhaltigen Produzenten aus Deutschland zusammenarbeite. Dank eines Zentrallagers in der Schweiz stelle derselbe überdies sicher, dass die Transportwege kurz gehalten würden. Bedruckt wurden die Gratulationskarten «selbstverständlich» in der Schweiz, wie die Post weiter ausführt.
Heimisches Saatgut aus deutscher Produktion
Tatsächlich könnten auch in der Schweiz verpackte Saatgut-Mischungen zu Problemen führen: Insbesondere dann, wenn die Mischungen aus nicht einheimischen Arten bestehen. Diese Neophyten könnten einheimische Arten verdrängen und Schäden anrichten. Deshalb enthalte die verschickte Saatgut-Mischung bis zu 23 unterschiedliche, ausschliesslich heimische Wildpflanzenarten.
Als weiteres Gütekriterium für Saatgut-Mischungen gilt das Vorhandensein von Gras-Samen: «Wenn nur Blumen wachsen, ist das ein kurzes Feuerwerk, ohne Wiederholung im Folgejahr. Die Gräser geben dem Ganzen eine Struktur, welche über die Jahre hält», wie Artenspezialist Stefan Eggenberg einst gegenüber «Kassensturz» erklärte.
Ob der Saatgut-Konfetti-Massenversand diesen Gütekriterien standhält, liesse sich nur unter wissenschaftlicher Aufsicht mit abschliessender Sicherheit sagen. Fest steht hingegen: Die Post bietet mit ihrem Saatgut-Konfetti zwar für Insekten und andere Tiere Heimat und Nahrung, nicht aber für Schweizer Betriebe.
Künftig sollte sich der Staatsbetrieb also möglicherweise bemühen, heimische Produkte zu verschicken: Insbesondere dann, wenn SVP-Parlamentarier schon im Vorhinein als Adressaten feststehen.