SVP erhebt Anspruch auf Sitz des Bundeskanzlers
Bundeskanzler Walter Thurnherr tritt zurück, die SVP bringt sich in Position. Thurnherrs «Mitte» will dagegen erst Ende Monat entscheiden.
Das Wichtigste in Kürze
- Bundeskanzler Walter Thurnherr tritt per Ende Jahr zurück.
- Die Parteien äussern sich nur vage zu allfälligen Nachfolge-Kandidaturen.
- Einzig die SVP legt sich bereits heute fest.
Per Ende Jahr tritt Bundeskanzler Walter Thurnherr zurück; seine Nachfolge wird am 13. Dezember bestimmt, am gleichen Tag wie die Nachfolge von Bundesrat Alain Berset.
Das Parteibüchlein scheint ihm dabei weniger relevant zu sein. Er wünsche sich primär einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin mit guten Kenntnissen über die Verwaltung und die politischen Prozesse. Zudem müsse die Person führen können, mehrsprachig sein und genug Zeit zum Arbeiten haben.
SVP prescht vor
Postwendend erhob die SVP Anspruch auf Thurnherrs Sitz. Die SVP, als grösste Partei der Schweiz, habe noch nie den Bundeskanzler gestellt, schrieb SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi im Kurznachrichtendienst «X», vormals Twitter. Aeschi verwies auf die gescheiterte SVP-Kandidatur von Nathalie Falcone-Goumaz als Bundeskanzlerin im Jahr 2007.
Die Waadtländerin war damals stellvertretende Generalsekretärin im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD). Gewählt wurde in jenem Jahr Vizekanzlerin Corina Casanova von der CVP, der heutigen Mitte. Die Bündnerin war die Vorgängerin des zurücktretenden Thurnherr, der ebenfalls Mitte-Mitglied ist.
Davor stellte die FDP zweimal den Bundeskanzler beziehungsweise die Bundeskanzlerin, in den 80er-Jahren mit Walter Buser die SP. Die SVP oder deren Vorläuferpartei BGB besetzte das Amt dagegen in den letzten 200 Jahren nie.
Andere Parteien bleiben vage
Für die SP sei es zu früh, um über die Nachfolge zu diskutieren, sagte SP-Sprecher Nicolas Haesler auf Anfrage. Die FDP werde die Wahl des Nachfolgers oder der Nachfolgerin von Thurnherr im Kontext des Anforderungsprofils sowie der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates beurteilen, gab die Partei auf dem Kurznachrichtendienst «X», vormals Twitter, bekannt.
Selbst Thurnherrs Partei «Die Mitte» lässt sich noch nicht in die Karten blicken. Die Fraktion werde sich an ihrer Sitzung Ende Monat Gedanken über das weitere Vorgehen machen. Es sei klar, dass das Amt des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin an eine integrative Persönlichkeit gehen solle, die sich gegen die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft engagiere, wurde Fraktionschef Philipp Matthias Bregy in einer Mitteilung der Partei zitiert.
GLP: Am liebsten Thurnherr 2.0
Theoretisch eröffnet sich auch Spielraum für Nicht-Bundesratsparteien. Nicht konkret zu ihren Ambitionen geäussert haben sich vorerst die Grünen. Die GLP wiederum stellt mit Viktor Rossi bereits einen Vizekanzler.
Er habe eine Kandidatur aber vorerst offengelassen, sagte GLP-Präsident Jürg Grossen. Wichtig sei, dass der Nachfolger oder die Nachfolgerin möglichst viele Skills von Thurnherr mit sich bringe. Denn dieser habe herausragende Arbeit geleistet: Mit seiner Offenheit, seinem integralen Denken und Wirken sowie der Kenntnis über die Zusammenhänge, lobt Grossen.