EU-Währungskommissar will Berliner Debatte über EU-Schuldenregeln
EU-Währungskommissar Gentiloni hat die künftige deutsche Bundesregierung aufgerufen, sich in die Debatte über eine Reform der Schuldenregel einzubringen.
Der italienische EU-Währungskommissar Paolo Gentiloni hat die künftige deutsche Bundesregierung aufgerufen, sich in die Debatte über eine Reform der europäische Schuldenregeln einzubringen.
Wegen der Corona-Krise würden die Euro-Staaten im Schnitt ihre Verschuldung bis 2023 nur von 100 auf 97 bis 98 Prozent drücken können, sagte Gentiloni der «Augsburger Allgemeinen» (Freitag). Die vereinbarte Schuldenobergrenze beträgt 60 Prozent. Man müsse das Problem angehen, ohne Wachstum und Aufschwung zu zerstören.
«Wenn wir gemeinsame und durchsetzbare Vorschriften haben wollen, müssen wir eine Einigung über realistische Schuldenregeln und über die Unterstützung öffentlicher Investitionen erzielen», sagte der frühere italienische Ministerpräsident.
Als möglichen Weg stellte er den Vorschlag des Europäischen Fiskalausschusses zur Debatte, unterschiedliche Schuldenziele für die Mitgliedstaaten zu setzen. Mit Blick auf den Klimawandel und andere Fragen der Wettbewerbsfähigkeit Europas müsse man öffentliche Investitionen fördern.
«Ich bin zuversichtlich, dass Deutschland in dieser Diskussion (...) einen positiven Beitrag leisten wird», sagte Gentiloni. «Ich erwarte das Bewusstsein, dass es notwendig ist, einen Konsens zu erreichen, damit die Haushaltsregeln realistisch sind.»
Realistische Regeln zu finden, erfordere Kompromisse. «Ich habe keinen Zweifel daran, dass (der designierte Finanzminister) Christian Lindner (FDP) einen sehr konstruktiven Beitrag zu dieser und anderen wichtigen Diskussionen leisten wird, die wir in den kommenden Monaten und Jahren in der Eurogruppe führen werden», sagte Gentiloni. Der designierte Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe zudem in den letzten Jahren in der EU eine entscheidende Rolle beim Finden von Kompromissen gespielt.