Grossbritannien macht im Streit um Nordirland-Protokoll Druck
Die britische Regierung macht im Streit rund um das Nordirland-Protokoll enorm Druck. Brexit-Minister David Frost wehrt sich vehement gegen das Protokoll.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Protokoll sieht vor, dass es zwischen Nordirland und Grossbritannien einen Zoll gibt.
- Dies es Protokoll könne so nicht durchgeführt werden, warnt David Frost.
Die britische Regierung hat ihre Bereitschaft zur einseitigen Aussetzung der im Nordirland-Protokoll festgelegten Zollregelungen bekräftigt. London fordert baldige Antwort aus Brüssel wegen umstrittener Zollkontrollen.
Wenn es nicht bald eine Einigung mit der EU gebe, «müssen wir den Schutzmechanismus nach Artikel 16 anwenden». Dies sagte Brexit-Minister David Frost sagte am Montag bei seiner Rede auf dem Parteitag der Konservativen in Manchester. «Wir können nicht ewig warten», so Frost.
Strittigster Abkommens-Punkt
Das Nordirland-Protokoll ist einer der strittigsten Punkte in den Post-Brexit-Beziehungen zwischen Brüssel und London. Dieses sieht vor, dass zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland keine Zollkontrollen eingeführt werden. Stattdessen soll zwischen Grossbritannien und Nordirland kontrolliert werden.
Die EU hatte darauf bestanden, um den Nordirlandkonflikt nicht wieder anzuheizen. Artikel 16 sieht vor, dass Bestimmungen des Abkommens im Falle «wirtschaftlicher, sozialer oder ökologischer Schwierigkeiten» ausser Kraft gesetzt werden können.
Protokoll untergrabe Karfreitagsabkommen
Frost zufolge «untergräbt» das Protokoll auch das Karfreitagsabkommen, das 1998 den jahrzehntelangen blutigen Konflikt beendet hatte. Durch das Protokoll soll eine De-Facto-Grenze innerhalb des Königreichs entstehen und die Versorgung Nordirlands könnte leiden.
Die einseitige Aussetzung des Protokolls «könnte letztlich der einzige Weg sein, um unser Land, Volk und unseren Handel zu schützen». Die Regierung von Premierminister Boris Johnson will das Protokoll trotz der Weigerung der EU neu verhandeln. Bereits mehrfach drohte London deshalb damit, Artikel 16 auszulösen.
Die EU müsse auf die Vorschläge der Regierung reagieren. «Aber ich bin besorgt, dass wir keine Antwort erhalten, die die sinnvollen Änderungen ermöglicht, die wir brauchen», sagte Frost.
Die stellvertretende Sprecherin der Europäischen Kommission, Dana Spinant, erklärte dazu: «Wir kommentieren keine Kommentare oder Erklärungen unserer Partner oder anderer Beteiligter, wie lyrisch oder aggressiv sie auch sein mögen.» Ihr Kollege Dan Ferrie fügte hinzu, dass die europäische Antwort auf die britischen Vorschläge «bald» zu erwarten sei.
Schon seit 1. Januar in Kraft
Das Protokoll trat eigentlich am 1. Januar in Kraft, als Grossbritannien den EU-Binnenmarkt verliess. Vollständige Zollerklärungen sollen jedoch erst 2022 kommen.
London hatte allerdings schon angekündigt, die geplante Einführung vollständiger Grenzkontrollen für Waren aus der EU zu verschieben. Auch die Überprüfung von Nahrungsmitteln und Tierprodukten, die dem Schutz vor Krankheiten dienen soll, wird auf Juli kommenden Jahres verschoben.