Schweizer Neutralität wird am WEF von allen Seiten angefochten
Einige Führungspersonen haben am WEF die Schweizer Neutralität in Frage gestellt. Eine davon war Ursula von der Leyen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Schweizer Neutralität wird von allen Seiten angefochten.
- Ursula von der Leyen erklärte, Abseitsstehen sei keine Option.
- Auch Jens Stoltenberg rief «alle Nationen» zur Militär-Unterstützung der Ukraine vor.
Etliche Führungspersonen haben am WEF in Davos die Schweizer Neutralität in Frage gestellt. Abseitsstehen sei keine Option, sagte etwa EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie räumte aber ein, dass die Entscheidung über die Genehmigung von Waffenlieferungen aus Schweizer Produktion an die Ukraine in Bern liege.
Die EU-Kommissionspräsidentin wurde am Mittwoch vom französischen Sender LCI am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos gefragt, ob man sich in einer neuen Epoche befinde und ob die Schweiz ihre Neutralität lockern sollte, um zu erlauben, dass Munition aus eigener Produktion in die Ukraine geliefert wird. «Es ist sehr schwierig für mich, das zu beurteilen, weil es nicht meine Verantwortung ist, es ist ein Schweizer Verfahren», antwortete von der Leyen.
Von der Leyen: Gibt zwei Seiten
«Wir sehen aber bei den Vereinten Nationen, dass das, was in diesem grausamen Krieg geschieht, entscheidend und grundlegend ist», sagte die EU-Kommissionspräsidentin. Enthaltung und Abseitsstehen seien keine Option. Jeder müsse sich darüber im Klaren sein, wo er stehe. Es gebe die Seite des Gesetzes oder das Recht des Stärkeren, also Gewalt, und es gebe Demokratie und Grundrechte oder Autokratie.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief «alle Nationen auf, zur militärischen Unterstützung der Ukraine beizutragen»: «Denn wir sollten uns daran erinnern, worum es geht: Es ist eine militärische Aggression Russlands gegen eine souveräne und demokratische Nation in Europa, die Ukraine», erklärte er am Mittwoch in der Sendung «10vor10» des Deutschschweizer Fernsehens SRF.
Stoltenberg: «Völkerrecht ist hier absolut klar»
Das sei keine Frage der Neutralität, sondern es gehe um das Recht auf Selbstverteidigung, darum, die Rechtsstaatlichkeit zu schützen und die Charta der Vereinten Nationen zu verteidigen. «Das Völkerrecht ist hier absolut klar: Das Land, das angegriffen wird, hat das Recht, sich zu verteidigen», betonte Stoltenberg.
Deutschland möchte weiterhin von Bern die Erlaubnis erhalten, Panzer mit Schweizer Komponenten an die Ukraine zu liefern. Vizekanzler Robert Habeck forderte am Montag an einer Medienkonferenz mit den Bundesräten Guy Parmelin und Albert Rösti erneut, dass die Schweiz ihre Haltung in dieser Frage ändert. Auch Spanien würde gerne Schweizer Material in die Ukraine reexportieren und hat dafür ein Gesuch ans Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gestellt.