FDP LU gegen Fach «Politische Bildung»: «Kommt auf uns Politiker zu»
Eine Petition will im Kanton Luzern das Schulfach «Politische Bildung» einführen. Die FDP lehne dies ab, sagt Roger Erni, lobt aber den Vorstoss.
Das Wichtigste in Kürze
- Soll in Luzern das Schulfach «Politische Bildung» ab Sek-Stufe I eingeführt werden?
- Genau dies fordert eine Petition, die dem Kantonsrat vorliegt.
- Roger Erni (FDP) denkt nicht, dass so die Stimmbeteiligung gesteigert würde.
Ein Vorstoss aus der Kantonalen Jugendsession Luzern fordert den Kantonsrat dazu auf, das Fach «Politische Bildung» ab der Sek-Stufe I einzuführen. Dadurch sollen Jugendliche «dazu befähigt werden», sich eine eigene Meinung zu bilden und das politische System besser zu verstehen. Erhofft wird, dass sich ein solches Fach positiv auf die Stimmbeteiligung auswirken könnte.
Nach Irina Studhalter (Grüne) äussert sich nun Roger Erni (FDP). Im Gegensatz zu ihr ist er gegen eine Einführung der Vermittlung «Politische Bildung». Im Moment könne diese nicht eingeführt werden.
Nau.ch hat bei den Fraktionen des Kantonsrats nachgefragt, was sie von der Einführung eines solchen Schulfachs halten. Den Start der Interviewreihe macht Roger Erni von der FDP-Fraktion.
Nau.ch: Befürworten Sie die Einführung eines neuen Schulfachs «Politische Bildung» ab Sekundarstufe I im Kanton Luzern?
Roger Erni: Wir sehen nicht, dass die Vermittlung «Politische Bildung» aktuell eingeführt werden kann.
Nau.ch: Erwarten Sie dadurch eine höhere politische Beteiligung von jungen Menschen, beispielsweise bei Abstimmungen und Wahlen?
Erni: Nein, in der Sek I befinden sich die Jugendlichen im Alter zwischen 11 und 15, also weit weg von der Wahl- und Stimmberechtigung. Das Fach «Allgemeinbildender Unterricht» an den Berufsfachschulen oder Staatskunde soll bereits zu einer hohen politischen Beteiligung von jungen Menschen führen.
«Der Heterogenität soll durch Ausbildung entgegengewirkt werden»
Nau.ch: Die Lehrpersonen, die den Unterricht gestalten, haben auch eine eigene politische Meinung. Wie kann sichergestellt werden, dass sich die Schülerinnen und Schüler eine unabhängige Meinung bilden können?
Erni: Hier braucht es Verbindlichkeit. Der Heterogenität, sprich der Vermittlung von politischer Bildung im Unterricht – zum Beispiel im Deutsch oder im Fach Geschichte –, soll durch Ausbildung (PH) entgegengewirkt werden.
Nau.ch: Wären durch eine solche Änderung andere Schulfächer betroffen oder würden wegfallen, um eine höhere «Stundenlast» zu vermeiden?
Erni: Wenn ein neues Fach eingeführt würde – allenfalls erst in einigen Jahren, da die FDP aktuell keine Mehrheit findet für eine solche Änderung –, sind wir der Meinung, dass dies auf Kosten eines anderen Faches einzuführen ist. Eine höhere Stundenlast wie anno dazumal mit der um 50-prozentigen Erhöhung der Französischstunden auf der fünften und sechsten Primarklasse im Jahr 2017/18 soll vermieden werden.
«Kann nicht nur Aufgabe des Staates sein, junge Menschen für Politik zu begeistern»
Nau.ch: Welche alternativen Massnahmen schlagen Sie vor, um mehr junge Menschen für die Politik zu begeistern?
Erni: Als erste Massnahme müssen die Eltern oder nächsten Verwandten der Schüler durch Erfüllung ihrer direkt-demokratischen Pflicht als Vorbild wirken. Heisst: wählen und abstimmen gehen. Beispielsweise lag die Stimmbeteiligung im zweiten Wahlgang in Emmen am 9. Juni bei gerade mal 28,7 Prozent.
Die Eltern sollen den Jugendlichen am Familientisch zeigen, wie sie wählen und abstimmen und warum. Es kann nicht nur Aufgabe des Staates sein, junge Menschen für Politik zu begeistern. Geht wählen und abstimmen. Kommt, wenn ihr wissen wollt, wie es geht, auf uns Politiker zu.
Als zweite Massnahme gehört die Förderung dieser Angelegenheit in grossen Städten mit folgendem Auftrag angegangen zu werden: Jede grössere Stadt, zum Beispiel ab 20'000 Einwohnern, braucht eine Kinder- und Jugendessions-Einrichtung – in der Schule sollen die Jugendlichen fit gemacht werden für die politische Zukunft.
Genau solche Petitionen wie diejenige, die uns vorliegt, helfen, Kinder in die Politik zu bringen. Es generiert Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit. Und: Die Kantonsparlamentarier sind gezwungen, darüber zu diskutieren – bravo!
Zur Person: Roger Erni (*1973) ist Krienser Stadt- und Luzerner Kantonsrat für die FDP. Er arbeitet als Finanzchef und wohnt in Kriens.