Formel 1: Als die Königsklasse ihren ungekrönten Weltmeister verlor
Der 5. September 1970 ist einer der schwarzen Tage in der Geschichte der Formel 1. In Monza verliert Jochen Rindt sein Leben – und wird posthum Weltmeister.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 5. September 1970 verliert Jochen Rindt in Monza sein Leben.
- Der Österreicher wird posthum Weltmeister – sein Vorsprung ist nicht mehr einzuholen.
- Auch 50 Jahre später ist der tragische Held der Formel 1 unvergessen.
Die Erfüllung seines grossen Traumes sollte Jochen Rindt nicht mehr erleben. Die Trophäe, mit der er als Weltmeister der Formel 1 geehrt wird, nimmt seine Frau Nina entgegen. Zu diesem Zeitpunkt ist der charismatische Österreicher bereits tot.
Bis heute ist Rindt der einzige Formel-1-Weltmeister, der seinen Triumph nicht erlebt. Im Training zum Grossen Preis von Italien, am 5. September 1970, endet im Königlichen Park von Monza eine strahlende Karriere auf tragische Art.
Ein Bremsdefekt und die Angst vor dem Feuer
Lückenlos aufgeklärt wurde der tödliche Unfall des in Mainz geborenen Österreichers nie. Vermutlich brach an seinem Lotus – die Autos von Colin Chapman waren berüchtigt für ihre filigrane Bauweise – die Bremswelle. Vor der Parabolica-Kurve schlägt Rindt links in die Begrenzungsmauer ein.
Das Chassis seines Lotus 72 wird auseinandergerissen, die Beine des Verunglückten ragen ins Freie. Sein Freund und Konkurrent Jackie Stewart ist sicher, dass der Österreicher das Eintreffen der Rettungskräfte nicht mehr erlebt. Eine zerrissene Luftröhre wird als Todesursache angeführt, an der Mailänder Universitätsklinik wird Rindt für tot erklärt.
Eine grosse Rolle bei seinem tragischen Tod dürfte seine Angst vor einem Feuerunfall gespielt haben. Sicherheitsgurte sind in der Formel 1 damals eine neue Erfindung. Rindt fürchtet aber, bei einem Brand – damals keine Seltenheit – die Gurte nicht öffnen zu können. Er hatte sie falsch angelegt, rutscht beim Aufprall darunter durch – und der Gurt durchtrennt seine Kehle.
Rindts Tod schockte auch Niki Lauda
«Wir waren in der Boxengasse, als Bernie Ecclestone mit Jochens Helm zurückkam», erinnert sich der Journalist Giorgio Piola. «Er schüttelte den Kopf. Ich war so geschockt, dass ich die Strecke verliess und vom Rennen nicht mehr berichtete.»
Auch Formel-1-Ikone Niki Lauda (†70), damals noch in der Formel 3 unterwegs, war vom Tod des Lotus-Stars tief betroffen. «Am Samstag kam plötzlich ein Typ vorbei, den ich nicht kannte», erinnerte sich der 2019 verstorbene Lauda. «Er sagte: ‹Der Rindt ist tot›. Ich glaubte es nicht, hielt ihn für einen Idioten, der sich wichtig machen will.»
«Es liess mir aber keine Ruhe. Ich versuchte, bei der Heimfahrt ins Hotel einen Radiosender zu finden, der Nachrichten brachte. Dann musste ich es glauben», so Lauda, der selbst nie gegen Rindt angetreten war.
Posthum Weltmeister in der Formel 1
Bis zu seinem tödlichen Unfall hatte Rindt fünf Saisonsiege in der Formel 1 gefeiert. Titelrivale Jacky Ickx siegt beim folgenden Rennen in Kanada und wahrte so seine Titelchance.
Beim US-GP Anfang Oktober wird der Belgier aber nur Vierter – und Rindt ist posthum Weltmeister. Ende November wird Jochen Rindt als Weltmeister der Formel 1 geehrt – die Trophäe nimmt seine Witwe entgegen.