Boris Becker darf wieder das machen, was er nach Meinung vieler Experten und Fans am besten kann: Tennisspiele kommentieren. Sein Job während der Australian Open dient auch der Rehabilitation.
Becker ist bei den Australian Open 2023 wieder als Eurosport-Experte dabei.
Becker ist bei den Australian Open 2023 wieder als Eurosport-Experte dabei. - Peter Kneffel/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Boris Becker ist wieder da.
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Von diesem Montag an wird der dreimalige Wimbledonsieger das machen, was er am liebsten tut und nach Meinung vieler Fans auch am besten kann: Tennisspiele kommentieren.

«Die Nähe hat mir enorm gefehlt, Tennis ist schliesslich meine grösste Leidenschaft», sagte Becker in einem Interview des TV-Senders Eurosport, für den er als Experte wieder die Australian Open in Melbourne kommentieren wird.

Einen Monat nach seiner vorzeitigen Haftentlassung und dem Kampf «ums nackte Überleben» darf sich Becker wieder seiner Liebe für den Tennissport widmen. Seine TV-Rückkehr für die Australian Open vom 16. bis 29. Januar ist für den sechsmaligen Grand-Slam-Turniersieger auch ein Schritt Richtung Normalität.

Im Gefängnis lief Tennis

Und Becker sieht sich gut vorbereitet. «Ich konnte nicht jedes Turnier verfolgen, aber ich habe die BBC und ITV bekommen. So konnte ich in Wimbledon jedes Match verfolgen und bei den US Open die Highlights», berichtete Becker über seine Zeit im Gefängnis. «Bei den ATP Finals in Turin konnte ich das Endspiel verfolgen. Also die wichtigsten Partien habe ich gesehen», sagte Becker, der seine Rolle als TV-Experte letztmals vor einem Jahr bei den Australian Open ausgeübt hatte. «Was den Sport anbelangt, habe ich meine Hausaufgaben gemacht und fleissig studiert, wer in Melbourne mitspielen will und darf. Insofern glaube ich, ganz gut informiert zu sein.»

Tennis sei seine «grosse Leidenschaft», hatte Becker einst betont, «und es bereitet mir unglaublich viel Freude, mich auf höchstem Niveau mit meinem Lieblingssport auseinanderzusetzen und die Besten der Besten spielen zu sehen, ihre Spielweise zu analysieren und mit ihnen zu diskutieren».

Keine Reise nach Australien

Jetzt ist er wieder in seinem Element – sehr zur Freude von Angelique Kerber. «Er hat ganz offensichtlich keine leichte Zeit hinter sich. Ich wünsche ihm, dass er einen guten Neuanfang bekommt», sagte die wegen ihrer Schwangerschaft beim ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres fehlende Kerber der Deutschen Presse-Agentur.

An der Seite von Moderator Matthias Stach wird der gebürtige Leimener in der Rubrik «Matchball Becker» täglich zweimal live das Geschehen kommentieren: Morgens um 8.45 Uhr (MEZ) und nach dem Ende des Wettkampftages. Zudem wird Becker in Topspielen als Co-Kommentator agieren. Nach Down Under reist der zweimalige Australian-Open-Gewinner dafür nicht, er wird vom Studio in München aus arbeiten. Ein Visum wäre wegen seiner Haftstrafe auch nur schwer zu bekommen gewesen.

Becker ist seit 2017 als Eurosport-Experte tätig, sein Vertrag dort läuft Ende des Jahres aus. Er dürfte 2023 also auch bei den French Open und US Open zum Einsatz kommen – sein Lieblingsturnier in Wimbledon wird er aber wohl verpassen. Für das Rasenevent besitzt Eurosport nicht die Exklusivrechte, und die britische BBC plant vorerst nicht mehr mit Becker als Experten. Der Ex-Profi hätte sich nur per Video dazuschalten lassen können, nach seiner Abschiebung darf er erst nach Ablauf seiner kompletten Haftstrafe Ende Oktober 2024 wieder nach Grossbritannien einreisen.

«Das Gefängnis war gut für mich»

Becker war Ende April 2022 zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen hatte. «Ich habe eine harte Lektion gelernt. Eine sehr teure. Eine sehr schmerzhafte», sagte Becker im Sat1-Interview Mitte Dezember. Einen Promibonus habe es für ihn in dem Londoner Gefängnis nicht gegeben: «Ich wurde nicht Boris genannt. Ich war eine Nummer. Und es interessiert sie einen Scheissdreck, wer du bist.» Die schwere Zeit dort habe ihn «zurückgeholt», er glaube sogar, «das Gefängnis war gut für mich».

Hinter Gittern arbeitete Becker als eine Art Aushilfslehrer für die Fächer Englisch und Mathematik. Jetzt darf er wieder dem Job nachgehen, den er nach Meinung vieler Experten und Fans am besten kann. Vor seiner Haft gefiel Becker mit messerscharfen Analysen des Spiels und tiefgründigen Einblicken in die Psyche eines Leistungssportlers. Und jetzt? Bei Eurosport hoffen sie, dass Becker nichts von seiner meinungsfreudigen und teils auch kontroversen Art eingebüsst hat.

DTB ist offen für Beschäftigung

Die deutsche Tennis-Legende will genau das geben und weiss, dass er vor allem bei seinen ersten Auftritten ganz besonders im Fokus stehen wird. «Das wird genau unter die Lupe genommen, was ich aber gewohnt bin. Ich werde mein Bestes geben, um professionell aufzutreten und rüberzukommen», sagte Becker im Eurosport-Interview.

Rund die Hälfte seiner Einnahmen muss Becker weiter an den Insolvenzverwalter abtreten. Dennoch dürfte er über Beschäftigungen im Tennis froh sein, sie geben ihm Halt und Freude. Auch der Deutsche Tennis Bund (DTB) hält dem tief gefallenen Ex-Star die Türen immer offen. «Boris kann bei uns machen, was er will», sagte DTB-Vizepräsident Dirk Hordorff kürzlich der «Sport Bild»: «Er wäre in jedem Fall eine Bereicherung, in welcher Position auch immer.» Becker hatte von 2017 bis 2020 auch als Head of Men's Tennis im DTB gearbeitet.

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