Kann Donald Trump mit Corona-Infektion Sympathien gewinnen?
Donald Trump hat sich mit dem Coronavirus infiziert und befindet sich zur Behandlung im Spital. Er dürfte nun auf Sympathien aus der US-Bevölkerung hoffen.
Das Wichtigste in Kürze
- Rund einen Monat vor der Präsidentschaftswahl hat sich Trump mit Corona infiziert.
- Boris Johnson verhalf die Corona-Hospitalisierung im Frühjahr zu mehr Popularität.
- Für Trump stehen die Chancen jedoch schlecht, das Gleiche zu erreichen.
Lange spielte er die Gefahr durch das Coronavirus herunter. Nun hat sich Donald Trump selbst mit dem Virus infiziert. Seit Freitag befindet sich der US-Präsident im Walter Reed Spital in Behandlung.
Die Situation in den USA erinnert stark an jene im Frühjahr in Grossbritannien. Der britische Premier Boris Johnson nahm damals die Gefahr durch das Coronavirus ebenfalls nicht ernst.
Johnsons Beliebtheit stieg nach Hospitalisierung
Das bezeugen unter anderem seine Aussagen nach einer Spital-Besichtigung Anfang März 2020: «Ich war im Spital, da waren ein paar Corona-Patienten. Ich habe allen die Hand geschüttelt, ich schüttle auch weiterhin allen die Hände.»
Keinen Monat später infizierte sich der heute 56-Jährige selbst. Wenige Tage danach wurde er ins Spital eingeliefert, wo er später auf der Intensivstation lag und um sein Leben fürchtete.
Das brachte Johnson viel Sympathie ein, seine Popularität in der Bevölkerung stieg nach seiner Hospitalisierung sogar leicht an. Wie britische das Markt- und Meinungsforschungsinstitut «YouGov» zeigt, stieg Johnsons Beliebtheit während seines Spitalaufenthalts von 54 auf 60 Prozent.
Und: Seither behandelt der britische Premier das Problem der Corona-Pandemie viel seriöser. Auch, wenn seine Beliebtheitswerte mittlerweile wieder gesunken sind.
Bringt Sympathie für Donald Trump die nötigen Stimmen?
Auf eine ähnliche Entwicklung dürfte nun auch Donald Trump hoffen. Denn: In Umfragewerten liegt er seit Monaten mit konstantem Abstand hinter Joe Biden. Zudem hat er sich bei der ersten TV-Debatte letzte Woche nicht gerade mit Ruhm bekleckert.
«Es besteht definitiv die Möglichkeit, dass einige Amerikaner Trump nun aus Sympathie wählen.» Das sagt Cailin Birch, Polit-Expertin von «The Economist Intelligence», zu «CNBC».
Dennoch spricht einiges dagegen: Als sich Johnson hospitalisieren lassen musste, befand sich Grossbritannien eher am Anfang der ersten Welle. Die Todeszahlen erreichten erst in den Wochen danach Höchstwerte. Zudem wusste man über das Coronavirus noch deutlich weniger als heute.
Als Donald Trump letzte Woche positiv getestet wurde, lagen die Todeszahlen in den USA bereits bei über 200'000. Zudem gibt es über 7 Millionen bestätigte Infektionen in den USA. Sein stetiges Herunterspielen der Coronavirus-Gefahr und der Massnahmen zur Bekämpfung hat sich die Bevölkerung eingeprägt. So machte er sich etwa bei der TV-Debatte einmal mehr über Biden lustig, weil dieser überall eine Maske trage.
Bidens Wahlkampagne stellt negative Werbespots ein
Deswegen wäre ein allzu starker «Johnson-Effekt» in den USA eher überraschend: Wie eine Umfrage von Reuters/Ipsos vom Sonntag zeigt, liegt er zehn Prozentpunkte hinter Biden. Und diese wurde erst nach Bekanntgabe von Trumps Corona-Infektion erhoben. Demnach glauben 65 Prozent, dass er vermutlich nicht erkrankt wäre, wenn er «das Coronavirus ernster genommen hätte».
Hinzu kommt, dass Donald Trump nun für ihn wertvolle Zeit im Spital verbringen muss. Zeit, die er eigentlich einen Monat vor den Wahlen für persönlichen Wahlkampf in verschiedenen Staaten nutzen wollte und müsste.
Für die Demokraten wiederum wäre es wichtig, jetzt nicht zu stark mit dem Finger auf den US-Präsidenten zu zeigen. Bei Familienmitgliedern und Freunden von Corona-Todesopfern könnte dies als gefühllos angesehen werden. Dementsprechend hat Bidens Wahlkampagne bereits alle negativen Werbespots gegen Donald Trump eingestellt.