Was bedeuten Kriege für unsere Finanzen?
Krieg in Israel und der Ukraine: Das wühlt uns auf. Doch zumindest mit den Finanzen muss es nicht bachab gehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Quäker haben Waffengeschäfte stets gemieden – und sind gut damit gefahren.
- Die US-Börsen haben bisher in Kriegen zugelegt, andere leiden.
- Waffen- und Energieaktien könnten Aufwind bekommen.
«Schwerter zu Pflugscharen», steht in der Bibel. Diesen frommen Wunsch setzten die Quäker, eine christliche Glaubensbewegung, schon Jahrhunderte vor den Nachhaltigkeitszielen der Uno in die Tat um. Sie weigerten sich konsequent, ihre Hände mit der Waffenproduktion, dem Sklavenhandel, der Prostitution und dem Glücksspiel «schmutzig» zu machen.
Ihre Finanz-Prinzipien verinnerlichte Philip L. Carret (1896 – 1998). Er gründete 1928 einen der ersten Anlagefonds: den Pioneer Fund, der heute zu den Amundi-Fonds gehört. Die Investmentlegende Carret managte seinen Fonds über 55 Jahre erfolgreich. Ganz ohne «Sündenaktien».
Finanzen: Comeback der Waffenaktien?
Davon inspiriert verbannten fast alle nachhaltigen Anlagevehikel die Papiere von Waffenhersteller aus ihrem Universum. Brisant ist nun, dass im Zeichen des Ukraine-Kriegs einige gekippt sind und umdenken. Plötzlich kommen die verpönten Rüstungsaktien wieder auf den Radar.
Tatsächlich erreichten zum Beispiel die Rheinmetall- und die Hensoldt-Aktie aus Deutschland nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs neue Allzeithochs. Viele weitere Rüstungsproduzenten lassen an den Börsen wieder ihre Muskeln spielen.
Das führt zu einer alten Frage: Wie wirkt sich Krieg auf die Finanzmärkte aus? «Kaufe, wenn die Kanonen donnern», lautet die zynische Regel, die auf den Bankier Carl Mayer von Rothschild (1788-1855) zurück gehen soll. Sie widerspricht unserem Empfinden diametral. Denn Kriege lösen Unsicherheit und Panik aus. Sie wirken zerstörerisch wie nichts anderes.
US-Börsen als Kriegsgewinner
Doch zumindest der Blick in die USA zeigt: Die blutigen Gräuel schlagen sich nur kurzfristig in den Finanzmärkten nieder. So legte der Dow-Jones-Index während des Zweiten Weltkriegs sogar um 50 Prozent zu. Generell sind die US-Börsenbarometer in Kriegszeiten überdurchschnittlich gestiegen – und haben sich stabiler entwickelt.
Ihr Volatilität lag um ein Drittel tiefer als in Friedensperioden, wie Gustavo S. Cortes von der Universität Florida mit seinen Mitstreitenden Angela Vossmeyer und Marc D. Weidenmier in der Studie «Stock Volatility and the War Puzzle» (2022) berechnete. Das Trio nahm die kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten 100 Jahre ins Visier.
Wie ist dieses Muster zu erklären? Erstens ist der Ressourcenverschleiss in Kriegen hoch, was gewisse Produktionen ankurbelt. Zweitens erhöhen Staaten meist ihre Ausgaben und greifen Waffenproduzenten und Herstellern anderer Güter sowie Energie- und Rohstoffversorgern oft mit Abnahmeverträgen unter die Arme. Und manchmal lassen sich aus den kriegerischen Erfindungen sogar Innovationen fürs Zivilleben ableiten.
Sonderfall Wallstreet
Wer über die grosse Insel USA und ihre Wallstreet hinausblickt, erhält allerdings ein ernüchterndes Bild. Je näher von der Börse die Bomben fallen, desto stärker wird diese nämlich in Mitleidenschaft gezogen. Unter dem Strich kosten internationale Konflikte mehr Renditepunkte, als einige Waffen- und Energieaktien allenfalls bringen. Friedliche Strategien bringen auch in der Wirtschaft mehr als Gewalt.
Zum Autor
Stephan Lehmann-Maldonado bringt zwei seiner Steckenpferde zusammen: die Faszination fürs Wirtschaftsgeschehen und jene für klare Kommunikation. Schon während seines Finance-Studiums an der Universität Zürich hat er für Wirtschaftsmedien geschrieben und später sein Wissen in der Bankpraxis und beim Unterrichten von Lernenden vertieft. Heute führt er eine kleine Kommunikationsagentur.