Rechtsschutz: Der teure Zugang zum Recht in der Schweiz
Das Wichtigste in Kürze
- Die Durchsetzung einer Streitigkeit kann schnell teuer werden.
- Hohe Kosten müssen sogar schon vorgeschossen werden.
- Ohne Rechtsschutz kann die Durchsetzung zu riskant sein.
Frau Koller* betreibt einen Stoffladen in Zürich. Sie bestellt verschiedene Gewebe online von verschiedenen Händlern, teils aus dem Ausland, teils in der Schweiz. Sie tätigte im Jahr 2019 bei einem Zürcher Händler eine Grossbestellung in der Höhe von etwa 12’000 Franken.
Sie bezahlte, wie schon viele Male zuvor, im Voraus. Als sie keine Bestellbestätigung erhält und sich auch auf verschiedene Kontaktversuche niemand bei ihr meldet, wird sie stutzig. Sie entscheidet sich schliesslich, rechtlich gegen den Händler vorzugehen.
Sie strengt ein Betreibungsverfahren an und muss für die Ausstellung des Zahlungsbefehls schon etwas über 100 Franken bezahlen. Leider kann sie das einfache Verfahren nicht weiterziehen, da sie keine Bestellbestätigung des online abgeschlossenen Vertrags hat. Es fehlt ihr der Beweis.
Kosten bis jetzt: über 100 Franken (plus Zeit und Nerven).
Erster Schritt: Einreichen der Klage
Es bleibt ihr also nichts anderes, als eine Klage einzureichen. Dazu reicht sie beim zuständigen Gericht das sogenannte Schlichtungsbegehren ein, der erste Schritt. Dafür muss sie mit Gerichtskosten von über 450 Franken rechnen.
Mussten Sie jemals eine Klage einreichen?
Da sie findet, die Sachlage sei eigentlich klar, verzichtet sie aus Kostengründen auf den Beizug eines Anwalts. Auch, da sie nachweisen kann, dass ihr Geld beim Händler eingetroffen ist. Frau Koller verfügt auch nicht über einen Rechtsschutz, welcher alle diese Kosten übernehmen würde.
Kosten bis jetzt: über 500 Franken (plus Zeit und Nerven).
Vor Gericht: Es kommt nicht zu einer Einigung
Der Händler erscheint mit seinem Anwalt zur Verhandlung, ist aber nicht bereit, das Geld zurückzuzahlen oder die Ware zu liefern. Frau Koller muss die Klage also weitertreiben.
Dafür raten ihr verschiedene Personen, eine Anwältin einzuschalten. Die Gefahr, im juristischen Dschungel ohne Rechtsschutz schnell etwas zu vergessen und dadurch alles zu verlieren, ist gross. Im schlimmsten Fall fällt auch noch eine Entschädigung an die Gegenpartei an.
Sie bespricht die Angelegenheit mit ihrer Anwältin, welche ihr einen Kostenvoranschlag von über 5000 Franken macht. Dazu kommen erneut Gerichtskosten für den nächsten Schritt, in der Höhe von etwa 2000 Franken. Diesen Betrag muss sie dem Gericht vorschiessen.
Kosten bis jetzt: 7500 Franken (plus Zeit und Nerven).
Ohne Rechtsschutz: Das Kostenrisiko ist zu gross
Frau Koller bespricht sich mit ihrer Anwältin. Diese teilt ihr mit: Sollte Frau Koller den Prozess verlieren, muss sie der Gegenpartei eine Entschädigung von über 2900 Franken zahlen.
Das Kostenrisiko von Frau Koller würde sich also auf 10’000 Franken belaufen, um eine Summe von 12’000 Franken zurückzuerhalten. Einen Teil der Anwaltskosten und auch die Gerichtsgebühr müsste sie zudem vorschiessen. Da ihr aber die 12’000 Franken fehlen, die sie dem Händler bezahlt hat, kommt sie in finanzielle Schwierigkeiten. Die Kosten werden ihr ja eben nicht von einem Rechtsschutz übernommen.
Anhand dieses Beispiels zeigt sich, wie teuer ein Gerichtsverfahren ist. Das Justizsystem in der Schweiz bleibt Personen, die wenig Geld haben, meist verschlossen, weil die Initialkosten enorm hoch sind. Zudem hat man ohne Hilfe eines Anwalts schlechte Chancen, insbesondere, wenn die Gegenpartei anwaltlich vertreten ist.
*Name geändert
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Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Emilia Rechtsschutz.