Zurück zur Faser: Nachhaltige Baumwolle in der Schweiz
Nachhaltigkeit ist in der Mode angekommen. Nur: Wohin mit den alten Klamotten, die nicht mal mehr als Putzlappen taugen? Schweizer Unternehmen zeigen Lösungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ob Up- oder Recycling: Nachhaltigkeitsdenken wird auch in Bezug auf Mode immer wichtiger.
- Schweizer Unternehmen zeigen beispielhaft, wie Nachhaltigkeit in der Textilindustrie geht.
- Ein spannendes Stichwort ist: Faser-zu-Faser-Recyling.
Deine alte Jeans, die wirklich keiner mehr anziehen will. Die Textilien aus Krankenhäusern, Hotels, Heimen, die nicht attraktiv für eine Zweit- oder Drittnutzung sind. Was macht man mit solchen Stoffen?
Für die Altkleidersammlung verboten und für den Müll zu schade, liessen sich bis vor Kurzem bezüglich Wiederverwertung die Lösungen an den Fingern einer Hand abzählen: Putzlumpen, Schütt- und Füllmaterial, Thermoenergie.
Das ändert sich langsam. Und nicht nur, weil die Europäische Union eine neue Verordnung bezüglich Nachhaltigkeit bei Textilien erlassen hat. Sondern zu einem Grossteil vor allem dank Visionen des innovativen Unternehmertums der Schweiz.
Was das mit der EU zu tun hat
Seit dem vergangenen Sommer ist die Ökodesignverordnung der Europäischen Union (EU) in Kraft. Sie gehört zur «EU-Strategie für nachhaltige Textilien», die bereits im März 2022 veröffentlicht worden war. Unternehmen in allen Mitgliedsstaaten werden durch diese EU-Textilstrategie stärker in die Pflicht genommen. Davon betroffen sind auch Firmen aus Drittstaaten, die in die EU liefern. Einer davon: die Schweiz.
Die EU hat nun begonnen, ihre Textilstrategie mit umfassenden Regulierungen umzusetzen. Viele Punkte bleiben ungeklärt und werden erst in den Anhängen ausgeführt. Diese Anhänge werden allerdings frühestens Ende 2026 verabschiedet. Antworten auf Fragen, beispielsweise wie hoch der Recyclinganteil in Textilien sein muss, müssen noch so lange auf ihre exakte Beantwortung warten.
Die gute Nachricht ist: Bei der Entwicklung der Textilbranche in eine ökologische und soziale Richtung ist die Schweiz längst innovativ dabei. Das zeigt sich unter anderem am 2020 lancierten und vom Bund getragenen Programm Sustainable Textiles Switzerland 2030. Oder dem jüngst gegründeten Verein Fabric Loop, der die Kreislaufwirtschaft in der Textilbranche fördern will.
Spannende Initiativen – ausgeklügelte Technik
Richtig spannend wird es aber da, wo der Blick auf die Hersteller und ihre Entwicklungen fällt. So gibt es in der Schweizer Branche schon jetzt Unternehmen, die qualitativ hochwertige und 100-prozentige Recyclingbaumwolle herstellen, und damit ein Zeichen für Nachhaltigkeit setzen.
Dazu zählt etwa das Swiss Textiles-Mitglied Säntis Textil AG. Und Brands wie Tommy Hilfiger, Ralph Lauren oder Patagonia verwenden diese standardmässig.
Ein gemeinsames Projekt der Swiss-Textiles-Mitglieder Säntis Textiles und Tell-Tex AG zeigt konkret, wie pragmatisch und zugleich visionär die Schweiz nach vorne denkt.
Der Aargauer KleidersammlerTell-Tex aus Safenwil arbeitet an einer Anlage, die Textilien komplett industriell recycelt: vollautomatisch, mechanisch und ohne manuelle Zwischenschritte. Der Startschuss für dieses Projekt fiel bereits Ende Oktober 2024.
Em Innovation Day 2024 von Swiss Textiles am 6. November 2024 in Zürich sprach Tell-Tex erstmals in der Öffentlichkeit über das ambitionierte Vorhaben, das im 2026 in Betrieb genommen werden soll. Laut Geschäftsführer Ercüment Yildrim wäre es die erste Anlage dieser Art in industrieller Grössenordnung in der gesamten Schweiz sowie weit über die Landesgrenzen hinaus.
Das Stichwort der Stunde: Faser-zu-Faser-Recycling
Der Clou: Auch für deine löchrige Jeans kann hier noch Verwendung gefunden werden. Und das ist nicht nur eine Sache guten Willens oder professioneller Schneiderleistung, sondern ausgeklügelter Technik. Das Stichwort der Stunde lautet: Faser-zu-Faser-Recycling.
Nachdem Reissverschlüsse, Knöpfe und Etiketten vom Stoff entfernt sind, ist das Textil selbst an der Reihe. Denn: Ein neuer mechanischer Recyclingvorgang ist in der Lage, die Fasern des Schnittguts zu öffnen.
Deine zu Fasern verformte Jeans findet dann neue Verwendung in der Garnproduktion und dient wiederum der Herstellung neuer Textilien. Aus Alttextil wird so Rohstoff für neues Garn. Und wer weiss... vielleicht gibt es ja bald ein Wiedersehen für euch am Kleiderständer für nachhaltig produzierte Stücke made in Switzerland?!