Das bedeutet «starker» Vance-Auftritt für die US-Wahlen
In der Nacht auf Mittwoch duellierten sich die beiden US-Vize-Kandidaten J.D. Vance und Tim Walz. Der Republikaner glänzte – das könnte entscheidend sein.
Das Wichtigste in Kürze
- J.D. Vance zeigte sich im Fernseh-Duell mit Tim Walz moderater als auch schon.
- Gerade zu Beginn konnte der Republikaner eher überzeugen als der Demokrat.
- Expertinnen schätzen ein, was das für die anstehende Wahl in den USA bedeutet.
Im September trafen die beiden US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Kamala Harris in einer TV-Debatte aufeinander. So richtig überzeugen konnte der Republikaner dort nicht – in Erinnerung blieb vor allem seine Haustiere-Aussage. Trump behauptete, Migranten würden in den USA Katzen und Hunde verspeisen.
Nun kam es in der Nacht auf Mittwoch zu einem weiteren mit Spannung erwarteten Duell. Und zwar diskutierten J.D. Vance (Republikaner) und Tim Walz (Demokraten), die Kandidaten für den Vizepräsidenten-Posten, miteinander.
Wenn man in die (sozialen) Medien schaut, tauchen zwei Punkte über die Debatte besonders häufig auf. Einerseits wird das Duell als sehr sachlich wahrgenommen – vor allem im Vergleich zum Showdown zwischen Trump und Harris.
Andererseits erhält Vance viel Lob. Die britische BBC spricht beispielsweise von einer «starken Leistung», insbesondere zu Beginn des Gesprächs.
Man könnte daher die These aufstellen, dass Vance mit diesem Auftritt das Blatt für die Republikaner wieder wendet. Nach der Nominierung von Harris und der Debatte gegen Trump hatten die Demokraten nämlich Aufwind.
Nau.ch hat bei Expertinnen nachgefragt, wie sie die Vize-Debatte und deren Folgen einschätzen.
Vance wirkte «weniger radikal»
USA-Expertin Claudia Franziska Brühwiler von der Universität St. Gallen betont zunächst: «Beide Kandidaten erbrachten eine sehr gute Leistung.»
Tim Walz habe zwar etwas länger gebraucht, um seine Form zu finden. Vance dagegen bestach laut Brühwiler von Beginn an durch seine Klarheit. «Wenn viele Medien nun davon sprechen, dass Vance die Debatte ‹gewann›, so liegt das sicher auch daran, dass er ein anderes Bild von sich vermitteln konnte, als es bis anhin in den Medien dominierte.»
Denn Vance präsentierte sich nicht etwa als «Trumps Angriffshund». Stattdessen sei er höflich und respektvoll aufgetreten – er habe sich auf sachliche Aspekte konzentriert. Das war bekanntlich gerade bei der Debatte zwischen Trump und Harris nicht immer der Fall.
Ähnlich sieht es Sarah Wagner von der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz. Die US-Expertin sagt: «Vance hat versucht, die Debatte zu nutzen, um sein eigenes Image und das von Donald Trump etwas abzumildern.» Er wollte demnach «moderater» wirken, was ihm teilweise gelungen sei, so Wagner.
Vance habe «weniger radikal gewirkt, als er es beispielsweise auf den Wahlkampfauftritten oder in Interviews mit konservativen Medien tut».
Für die Republikaner sei es wichtig gewesen, mit Vance einen besseren Auftritt hinzulegen. Man war im eigenen Lager denn auch zufrieden mit der Leistung des Vize-Kandidaten. Wagner führt aus: «Vance hatte im Vergleich zu Walz mit deutlich schlechteren Umfragewerten zu kämpfen und war viel Kritik ausgesetzt. Die Debatte hat ihm hier eine kurze Atempause verschafft.»
Vize-Debatte wichtiger als auch schon, aber nicht entscheidend
Bleibt die Frage, was das Duell mit Blick auf die Wahl bewirken kann. Wagner glaubt nicht, dass die Debatte die Berichterstattung lange dominieren wird. Beispielsweise wegen der Eskalation im Nahostkonflikt oder wegen des Hurricanes Helene, der in den USA wütet.
«Historisch gesehen haben die Debatten der Vize-Kandidaten nur einen äusserst geringen Einfluss», so die Expertin weiter. Angesichts des lauten und intensiven Wahlkampfs werde die Debatte «nicht entscheidend» sein.
Auch Brühwiler von der Universität St. Gallen sagt: «Die Bedeutung von Debatten darf grundsätzlich nicht überbewertet werden, da sie nur wenige Wähler umstimmen können.»
In diesem Jahr könnte dies laut der Expertin aber etwas anders sein. Denn in einem knappen Rennen könne der Vize einem Kandidaten schaden oder wichtige Zusatzpunkte bringen.
Dazu kommt, dass bis zur Wahl kein Duell zwischen Trump und Harris mehr stattfindet. Brühwiler führt aus: «Dies war aller Voraussicht nach die allerletzte Debatte, in der die amerikanischen Wählerinnen und Wähler mehr über Inhalte und Programme erfahren konnten.»
Die Expertinnen sind sich jedenfalls einig, dass sich die Umfragewerte wegen der Debatte jetzt wohl kaum dramatisch verändern. Viel wichtiger dürften Themen wie die Situation im Nahen Osten werden. Oder auch der Streik der Hafenarbeiter, der sich laut Brühwiler auf das Angebot und die Preise im Supermarkt auswirken wird.