Er adressierte Selenskyj als «Präsident Putin». Joe Biden sorgt mit einem peinlichen Versprecher für Aufsehen und Kritik – und befeuert russische Darstellungen.
Joe Biden kündigt Wolodymyr Selenskyj als «Präsident Putin» an. - X

Das Wichtigste in Kürze

  • Joe Biden nannte Wolodymyr Selenskyj aus Versehen «Präsident Putin».
  • Der Fauxpas schürt Kritik an Biden und fördert russische Propaganda.
  • Experten: Das Vertrauen der Ukraine in die USA sei nicht gebrochen. Aber ...
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Nach der Blamage beim TV-Duell reisst die Kritik an US-Präsident Joe Biden (81) nicht ab. Immer wieder liefert er seinen Kritikern neue Angriffsflächen. Jüngster Aussetzer: Am Nato-Gipfel stellte er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als «Präsident Putin» vor.

Der Wortlaut: «Nun übergebe ich das Wort an den Präsidenten der Ukraine, der ebenso viel Mut wie Entschlossenheit besitzt. Meine Damen und Herren: Präsident Putin.»

Autsch!

Joe Biden
US-Präsident Joe Biden spricht zusammen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj während einer Veranstaltung zum Ukraine Compact am Rande des Nato-Gipfels. - dpa

Immerhin: Den Fehler bemerkte der Demokrat umgehend. Er sei so sehr darauf konzentriert, Putin zu besiegen, flüchtete er sich in eine Ausrede. Selenskyj nahm die Szene mit Humor und kommentierte sie mit den Worten: «Ich bin besser!»

Doch der Schaden ist angerichtet.

Nicht nur für die Kritiker von Joe Biden, sondern auch für die russische Propaganda ist der Versprecher ein gefundenes Fressen.

Joe Biden: Russisches Narrativ profitiert von Bidens Ausrutscher

Russland-Experte Ulrich Schmid sagt zu Nau.ch: «Im russischen Staatsfernsehen hat man die Episode eingebunden in das übliche Narrativ: dass Biden zu alt und zu gebrechlich sei, um das Präsidentschaftsamt auszuüben.»

Die Szene erinnere an einen zweiten Vorfall, als Biden Putin vorwarf, die Kultur des Uranus (statt Ukraine) zerstören zu wollen.

Nato 75 Jahre
Derzeit findet in Washington der Jubiläumsgipfel zum 75-jährigen Bestehen der Nato statt.
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«Jeder öffentliche Auftritt ist momentan für Joe Biden besonders wichtig», sagt USA-Expertin Sarah Wagner dazu.
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«Alle Gelegenheiten, sich präsidentiell und intellektuell auf der Höhe zu zeigen, sind Joe Biden derzeit willkommen», erklärt USA-Experte Thomas Greven.
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Auch Wagner erklärt, dass Bidens Kampagne jetzt starke Bilder und Auftritte benötige, um Kritiker zu beruhigen.
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Beim Nato-Gipfel gehe es zudem darum, sich in seiner Rolle als Präsident und Staatsmann zu präsentieren: als erfahrene Führungskraft in unruhigen Zeiten.

Welches Signal sendet der Aussetzer in die Ukraine? Schliesslich gelten die USA nicht nur als wichtigster Partner im Krieg. Sondern man hofft in Kiew auch darauf, dass die Demokraten in Washington an der Macht bleiben. Und nicht etwa Putin-Fan Donald Trump erneut gewählt wird.

Schmid sagt, man sollte die Episode «nicht überbewerten». «In der Ukraine wird der Vorfall berichtet. Gleichzeitig wird auch auf Selenskyjs humorvolle Antwort auf den Versprecher (‹Ich bin besser!›) hingewiesen.»

«Man weiss, dass Biden ziemlich senil geworden ist»

Ins gleiche Horn bläst auch Osteuropa-Experte Nicolas Hayoz: «Klar sendet so ein ‹Versprecher› kein gutes Signal in die Ukraine», so Hayoz. «Man weiss, dass Biden ziemlich senil geworden ist und eigentlich ausgewechselt werden sollte.»

Und trotzdem gibt der Nato-Gipfel Anlass zur Hoffnung für die Ukraine: Einerseits wurden zusätzliche Hilfen für das von Russland angegriffene Land beschlossen. Andererseits wird die Ukraine in Sicherheitsabkommen mit der Nato eingebunden.

«Damit kann sich die Ukraine auch im Falle eines Trump-Sieges weiterhin gegen Russland verteidigen», urteilt Hayoz positiv.

Putin setzt auf Sieg von Donald Trump

Das ändert aber nichts daran, dass man in Moskau weiterhin auf einen Präsidenten Donald Trump statt auf Joe Biden setzt.

Russland-Experte Ulrich Schmid: «Putin spekuliert ganz offensichtlich auf einen Sieg von Trump.» Er verweist allerdings darauf, dass Trump im Wahlkampf dem Ukraine-Thema eher ausgewichen sei.

Donald Trump Wladimir Putin
Schätzen sich: Donald Trump und Wladimir Putin. - Keystone

«Trump weiss, dass er sein kühnes Versprechen nach einem Wahlsieg tatsächlich einlösen müsste», so Schmid. Er versprach nämlich, als Präsident den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden zu können.

«Die Aussicht auf einen Wahlsieg von Trump hat aber auch europäische Initiativen zur militärischen Unterstützung der Ukraine befördert», sagt Schmid. «Das Bild ist also gemischt.»

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