Neuseeland plant nach Messerattacke Änderungen an Anti-Terror-Gesetzgebung
Nach einer Messerattacke durch einen polizeibekannten Islamisten will Neuseeland noch in diesem Monat die Gesetzgebung zur Terrorismusbekämpfung ändern.
Das Wichtigste in Kürze
- Polizeibekannter Gefährder hatte sieben Menschen teils schwer verletzt.
Im Fall des 32-jährigen Täters, der als Gefährder galt, seien erfolglos «alle Möglichkeiten, seine Haft fortzusetzen, ausgeschöpft» worden, sagte Premierministerin Jacinda Adern am Samstag. Das sei «frustrierend».
Der Islamist hatte am Freitag in einem Supermarkt in einem Vorort von Auckland ein Küchenmesser aus einem Schaukasten gegriffen und damit begonnen, wahllos Menschen zu attackieren. Sieben wurden verletzt, drei davon schwer. Undercover-Beamte, die zur Beobachtung des Mannes abgestellt waren, erschossen ihn kurz darauf.
Nach Angaben von Regierungschefin Ardern hatten die neuseeländischen Behörden seit Jahren versucht, den aus Sri Lanka stammenden Täter abzuschieben. Bereits im April 2019 sei ein Abschiebungsbescheid zugestellt worden, sein Berufungsverfahren habe sich jedoch hingezogen.
Der Mann war 2011 mit einem Studentenvisum nach Neuseeland gekommen. Zwei Jahre später erhielt er den Flüchtlingsstatus. 2016 fiel er der Polizei auf, weil er auf Facebook Sympathie für terroristische Anschläge geäussert hatte. Wie Ardern schilderte, stellte sich während der Ermittlungen heraus, dass der Mann den Flüchtlingsstatus durch Betrug erlangt habe. Die Behörden leiteten ein Verfahren ein, um dem Mann den Schutzstatus zu entziehen.
Im darauffolgenden Jahr wurde er am Flughafen von Auckland verhaftet, als der Verdacht bestand, dass er ins Bürgerkriegsland Syrien reisen wollte. 2018 wurde er wegen des Besitzes eines Messers und islamistischen Propaganda-Materials verhaftet. Er stand unter Verdacht, einen Messerangriff zu planen.
2019 legte der Mann, der sich als tamilischer Muslim bezeichnete, gegen die drohende Abschiebung Berufung ein. Vor Gericht erklärte er, ihm drohten «Festnahme, Inhaftierung, Misshandlung und Folter», falls er nach Sri Lanka zurückgeschickt würde.
In Gewahrsam griff er das Wachpersonal an. Dennoch blieben Versuche, ihn nach dem neuseeländischen Gesetz zur Terrorismusbekämpfung anzuklagen, erfolglos. Trotz Schuldbefunds in einigen Anklagepunkten, darunter der Besitz von Propaganda-Material der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat, kam er nach drei Jahren Untersuchungshaft frei.
Wie Ardern weiter schilderte, seien sich die Behörden der Gefahr, die von dem Islamisten ausging, bewusst gewesen. Für eine weitere Inhaftierung hätte es allerdings keine rechtliche Grundlage gegeben, weder unter dem Einwanderungsgesetz noch unter den Anti-Terror-Gesetzen.
Schon vor dem Angriff waren wegen derartiger Fälle Gesetzesänderungen geplant gewesen. Eine Beschleunigung des Gesetzgebungsprozesses sei noch Ende August unter anderem vom Polizeipräsidenten des Landes, Andrew Coster, angesprochen worden, sagte Ardern. Das Parlament soll die Änderungen nun bis Ende dieses Monats verabschieden.
Polizeichef Coster schilderte weitere Details des Messerangriffs: Die Beschatter des Mannes hatten demnach den Eindruck, dass der Islamist in dem Supermarkt nur Lebensmittel kaufen wollte. Da er ein «hohes Mass an Paranoia» an den Tag legte, hätten die Beamten Abstand zu dem Verdächtigen gehalten. Deshalb dauerte es laut Coster zwei Minuten, bis die Polizisten den Mann erschossen.
Nach dem Angriff erklärten die sri-lankischen Behörden ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den neuseeländischen Ermittlern «in jeder erforderlichen Weise». Wie aus Polizeikreisen verlautete, sollen die Ermittler in Sri Lanka bereits den Bruder des Angreifers befragt haben, der in der Hauptstadt Colombo lebt.
Die Mutter des Täters sagte unterdessen einem Fernsehsender in Sri Lanka, ihr Sohn sei von Nachbarn, die aus Syrien und dem Irak stammten, einer «Gehirnwäsche» unterzogen worden. «Wir wussten, dass er sich verändert hatte», sagte sie in ihrem Haus in Kattankudy östlich von Colombo.