Israel-Krieg: Darum gelang Hamas-Überfall durch «eiserne Mauer»
Die Hamas überraschte Israel mit ihren schweren Angriffen. Dabei sollte die israelische Verteidigungslinie eine der besten der Welt darstellen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Hamas konnte Israel mit ihren Angriffen überraschen und schwer zusetzen.
- Das, obschon Israel über eine der modernsten Verteidigungsanlagen der Welt verfügt.
- Experten kritisieren, die Israelis hätten schlicht die Stärke der Gegner unterschätzt.
Trotz einer der fortschrittlichsten Grenzanlagen weltweit wurde Israel vom Angriff der Hamas überrascht. Obwohl US-Geheimdienste vorab Warnungen aussprachen, wurden das Ausmass und die Art des Angriffs unterschätzt.
«Wir haben nichts gesehen, das auf einen Angriff dieser Art hindeutete, genauso wenig wie die Israelis». So äussert sich Jake Sullivan, Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden.
Die israelischen Geheimdienste waren ebenso überrascht vom Ausmass des Angriffs. Die als «Eiserne Mauer» bezeichnete 65 Kilometer lange Grenzanlage zwischen Israel und dem Gaza-Streifen konnte den Vorstoss nicht verhindern.
Israel hat Fähigkeiten der Gegner unterschätzt
Bezeichnend für das israelische Schicksal ist eine Aussage von Tzachi Hanegbi, Israels nationalem Sicherheitsberater: «Die Hamas ist sehr, sehr zurückhaltend und versteht die Folgen einer weiteren Auflehnung.» So zitiert ihn die «New York Times» in einem Radiointerview – sechs Tage vor dem Angriff.
Riad Kahwaji vom «Institute for Near East and Gulf Military Analysis» betonte: «Dieser Krieg zeigt, dass die Israelis die Fähigkeiten ihrer Gegner im Süden extrem unterschätzt haben». Die Hamas-Angriffe sind nur ein kleines Beispiel dafür, was Hisbollah im Norden anrichten könne.
Die Hamas liessen sich von der Grenzanlage aus 140'000 Tonnen Eisen und Stahl nicht aufhalten. Audrey Kurth Cronin, Institutsleiterin für Sicherheit und Technologie an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, sieht zwei Gründe dafür: Die Israelis hätten sich zum einen zu sehr auf die «Eiserne Mauer» verlassen. Zum anderen seien zu viele Sicherheitskräfte vom Gaza-Streifen zu der Grenze ins Westjordanland verlegt worden.
Hamas waren gut – zu gut – organisiert
Cronin betonte gegenüber dem «Spiegel», dass die Hamas den Angriff gut geplant hätten. Sie gingen fast wie Aufständische oder wie ein Pseudostaat vor, mit umfassender Planung, genug Leuten, Koordination. Dazu verfügten sie über gezielte Feuerkraft für einen überwältigenden Angriff.
An 29 Punkten durchbrachen die Terroristen die Grenze, ermordeten Hunderte Israelis und entführten weitere zurück in den Gazastreifen. Überlebende berichten von schlimmsten Gräueltaten.
Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich mehrere israelische Kommandeure in einem Posten an der Grenze. Diese Basis wurde direkt zu Beginn des Angriffs überrannt, die Kommunikation brach in weiten Teilen zusammen.
«In einer Sekunde brach alles zusammen»
«Wir haben Milliarden und Abermilliarden ausgegeben, um Informationen über die Hamas zu sammeln.» Das sagte Yoel Guzansky, ein ehemaliger hoher Beamter des israelischen Nationalen Sicherheitsrats, der «New York Times». «Dann, in einer Sekunde, brach alles wie Dominosteine zusammen».