Ausbreitung der Omikron-Variante beunruhigt Bundesregierung, EU und G7
Die neue Coronavirus-Variante Omikron stellt Regierungen in aller Welt vor enorme Herausforderungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Südafrikas Gesundheitsbehörden melden mehr Corona-Infektionen, aber weniger Tote.
Deutschland müsse sich wegen Omikron auf eine «massive» neue Corona-Welle vorbereiten, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Freitag in Hannover. Die G7 stufte die Corona-Variante als «grösste aktuelle» Gesundheitsbedrohung ein, die EU-Staaten hoben bei ihrem Gipfel die Bedeutung der Impf- und Boosterkampagnen hervor. Nach Angaben von Südafrikas Gesundheitsbehörden ist Omikron ansteckender, aber offenbar weniger tödlich.
Lauterbach sagte dazu, wenn Infektionen mit der Omikron-Variante tatsächlich einen milderen Verlauf hätten, würde dies vielleicht die Zahl der Sterbefälle für zwei oder drei Wochen gering halten. Durch das starke Wachstum der Neuinfektionen sei dieser Vorteil aber schnell aufgebraucht. Die bevorstehende Welle werde eine «massive Herausforderung» für die Krankenhäuser, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes, betonte Lauterbach.
Experten in Grossbritannien hatten ihm demnach berichtet, dass Omikron dort gerade alles übertreffe, was in der gesamten Pandemie bisher beobachtet wurde. Auch in Deutschland sei daher mit einer «massiven fünften Welle» zu rechnen, warnte Lauterbach.
Die Omikron-Variante war vergangenen Monat erstmals in Südafrika nachgewiesen worden. Sie unterscheidet sich an 50 Stellen vom Wildtyp des Coronavirus, darunter 32 Erbgutveränderungen am Spike-Protein.
Wegen der vielen Mutationen wird davon ausgegangen, dass Omikron deutlich ansteckender ist als frühere Coronavirus-Varianten. Zudem wird befürchtet, dass die bestehenden Corona-Impfungen nicht so gut gegen Omikron schützen wie etwa gegen die Delta-Variante. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom Dienstag wurde Omikron bereits in 77 Staaten nachgewiesen und breitet sich wahrscheinlich auch in fast allen anderen Staaten aus.
Viele Länder ergriffen bereits zusätzliche Schutzmassnahmen wie Einreiseverbote oder zusätzliche Testpflichten. Die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen kündigte wegen der Omikron-Ausbreitung an, Kinos, Theater und Konzerthallen zu schliessen. Demnach wurde in dem kleinen EU-Land am Freitag ein neues Allzeithoch von mehr als 11.000 Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden registriert.
Die Gesundheitsminister der Gruppe der führenden sieben Industriestaaten (G7) stuften die Omikron-Variante am Donnerstag als «grösste aktuelle Bedrohung für die weltweite öffentliche Gesundheit» ein. Die EU-Staaten setzen im Kampf gegen Omikron auf beschleunigte Auffrischungsimpfungen. «Impfungen für alle anzubieten und Booster-Dosen bereitzustellen, ist entscheidend und dringend», erklärten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union am Donnerstag bei ihrem Gipfel in Brüssel.
US-Präsident Joe Biden warnte unterdessen vor einer «sehr schnellen» Ausbreitung der Omikron-Variante in den USA und forderte die Bürger auf, sich impfen oder boostern zu lassen. Ungeimpften sagte er «einen Winter mit schweren Krankheiten und Tod» voraus.
Südafrikas Gesundheitsbehörden schilderten am Freitag, angesichts der schnellen Ausbreitung der Omikron-Variante habe das Land am Mittwoch die höchste Zahl an täglichen Neuinfektionen seit Pandemie-Beginn registriert. Die Zahl der Krankenhauseinweisungen wachse hingegen «nicht in solch dramatischem Ausmass», sagte Michelle Groome vom Nationalen Institut für übertragbare Krankheiten (NICD) bei einer Pressekonferenz. «Wir beginnen, ein paar Zuwächse, aber relativ kleine Zuwächse bei den Todesfällen festzustellen.»
Laut NICD-Expertin Wassila Jassat ist die Zahl der Covid-19-Patienten, die zusätzlichen Sauerstoff benötigen, «niedriger, als sie bei jeder vorherigen Welle war». Ausserdem schienen die Patienten kürzer im Krankenhaus bleiben zu müssen als bei vorherigen Pandemie-Wellen.
Laut Gesundheitsminister Joel Phaahla bedeuten die Beobachtungen aber nicht, dass Omikron weniger gefährlich sei, sondern vielmehr, dass die Corona-Impfungen schwere Erkrankungen verhinderten. Die geringeren Hospitalisierungs- und Sterberaten seien «wahrscheinlich zurückzuführen auf eine bedeutende Impf-Abdeckung» insbesondere bei älteren Menschen.
In Südafrika sind erst rund 31 Prozent der Bevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Bei Menschen über 60 Jahren liegt die Impfquote jedoch bei 66 Prozent.