Amazon scheitert mit Klage gegen verschärfte deutsche Aufsicht
Der Online-Konzern Amazon scheitert mit seiner Klage gegen eine verschärfte Aufsicht durch das deutsche Kartellamt.
Der deutsche Bundesgerichtshof hat sich im Rechtsstreit des Kartellamts mit Amazon an die Seite der Wettbewerbshüter gestellt. Sie könnten damit den Online-Riesen künftig härter in die Mangel nehmen und möglicherweise gewisse Geschäftspraktiken verbieten.
Der Online-Konzern scheiterte mit seiner Klage gegen eine verschärfte Aufsicht durch das Kartellamt. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe bestätigte am Dienstag die Einschätzung, «dass Amazon eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb hat».
Die entsprechende Einstufung des Kartellamts war demnach rechtens. Das Bundeskartellamt hatte im Juli 2022 auf der Grundlage einer neuen Regelung Amazon seine «überragende» Marktmacht bescheinigt und den Online-Händler damit unter verschärfte Beobachtung gestellt. Amazon legte dagegen Beschwerde ein.
«Strategische und wettbewerbliche Potentiale»
Der Kartellsenat befasste sich im Juni ein erstes Mal mit der Angelegenheit und stellte damals bereits im Vorgehen des Bundeskartellamts keine Verstösse gegen europäisches oder deutsches Recht fest. Die Kartellwächter hätten «zutreffend» festgestellt, dass Amazon über bedeutende «strategischen und wettbewerbliche Potentiale» verfügt, die ihm ermöglichen, «erheblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit Dritter zu nehmen», bekräftigten die Richter nun.
Im Juni hatte der Kartellsenat aber noch nicht ausschliessen wollen, dass es notwendig werden könnte, dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Fragen vorzulegen. Auch dies schlossen die Richter nun jedoch aus und verwiesen insbesondere auf das inzwischen in Kraft getretene EU-Gesetz für Digitale Märkte (DMA): Auch die EU-Kommission habe Amazon unter dem DMA als zentrales Internetunternehmen, einen sogenannten Torwächter, eingestuft.
Amazon kritisierte den BGH-Entscheid. «Der Einzelhandelsmarkt, online wie offline, ist sehr gross und ausgesprochen wettbewerbsintensiv», erklärte eine Sprecherin. «Wir stimmen der Entscheidung des Gerichts nicht zu und werden weitere Rechtsmittel prüfen», kündigte sie an. Der Bundesgerichtshof erklärte sich in der Angelegenheit allerdings für «in erster und letzter Instanz zuständig». Zu möglichen weiteren Rechtsmitteln machte der Konzern auf Nachfrage zunächst keine näheren Angaben.
Die Einstufung Amazons durch das Bundeskartellamt war der erste Schritt in einem zweistufigen Verfahren. In einem zweiten Schritt können dem Unternehmen bestimmte Praktiken verboten werden, wie etwa eigene Angebote auf der Handelsplattform zu bevorzugen. So sollen grosse Digitalkonzerne besser kontrolliert werden können.
Urteil sorgt für Rückenwind
Die Bonner Kartellwächter begrüssten das Urteil. «Wir freuen uns über die Bestätigung durch den Bundesgerichtshof», erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt. «Das war die erste und damit umso bedeutendere Entscheidung des BGH zu unserem neuen Instrument zur Aufsicht über grosse Digitalkonzerne.» Das Kartellamt setze seine laufenden Verfahren gegen Amazon nun gestärkt fort.
«Dieses Urteil gibt auch Rückenwind für unsere laufenden Verfahren gegen weitere Internetkonzerne wie Alphabet (Google), Apple, Meta (Facebook) und Microsoft sowie mögliche neue Verfahren», fügte Mundt hinzu. Die US-Konzerne hat das Kartellamt ebenfalls unter verschärfte Aufsicht gestellt und mehrere Verfahren eingeleitet. Die entsprechenden Einstufung sind zunächst jeweils auf fünf Jahre befristet.