Georgien im Griff der Gewalt: Regierungskrise eskaliert
Die politische Krise in Georgien verschärft sich, während Proteste und Polizeigewalt zunehmen. Die Demonstranten beschossen die Polizei mit Feuerwerkskörpern
In der Südkaukasusrepublik Georgien ist es in der dritten Nacht in Folge zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Polizei und regierungskritischen Demonstranten gekommen. Georgischen Medien zufolge setzten die Beamten Wasserwerfer und Tränengas ein, die Demonstranten beschossen die Polizei mit Feuerwerkskörpern. Erst am Morgen gelang es den Uniformierten, die Protestierenden vom Parlamentsgebäude am Rustaweli-Prospekt abzudrängen.
Die Menge hat nun Strassensperren nahe der Staatlichen Universität aufgebaut. Die Auseinandersetzungen zwischen der nationalkonservativen Regierung und der proeuropäischen Opposition drohen Georgien zu zerreissen. Bislang gibt es noch keine offiziellen Angaben zur Zahl der Verletzten und Festgenommenen.
In der vergangenen Nacht hatte die Polizei allein in der Hauptstadt Tiflis (Tbilissi) eigenen Angaben nach 107 Menschen wegen Rowdytums festgenommen – auch in anderen Städten wird demonstriert.
Hintergrund der Proteste sind die von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahlen Ende Oktober, bei denen sich die Regierungspartei «Georgischer Traum» zum Sieger erklären liess.
Fälschungsvorwürfe und EU-Beitrittsverhandlungen
Die Opposition hat die Wahlergebnisse nicht anerkannt – und weigert sich, ihre Mandate anzunehmen. Befeuert wurden die Proteste von Regierungschef Irakli Kobachidse, der ankündigte, die Beitrittsverhandlungen mit der EU, der er Einmischung und Erpressung vorwarf, bis 2028 auf Eis zu legen.
Die Mehrheit der Bevölkerung will Umfragen zufolge in die EU. Der Beitritt ist auch in der Verfassung als Ziel festgeschrieben.
Der Konflikt hat sich auch auf institutionelle Ebene ausgeweitet. Inzwischen sind mehrere Botschafter aus Protest zurückgetreten.
Institutioneller Widerstand gegen Regierungspläne
Die proeuropäische Präsidentin Salome Surabischwili wiederum verweigert sich dem von der Regierung beabsichtigten Wechsel. Sie werde vorerst im Amt bleiben, da ein illegitimes Parlament keinen legitimen Präsidenten wählen könne, sagte sie.
Ihre Amtszeit endet eigentlich Mitte Dezember. Ihr Nachfolger soll erstmals nicht direkt vom Volk, sondern von Abgeordneten des Parlaments und regionalen Vertretern ernannt werden.