Treffen in Moskau: «Wladimir Putin versucht Deal mit Prigoschin»
Laut Kreml-Angaben ist es trotz Wagner-Aufstand bereits Ende Juni zu einem Treffen zwischen Wladimir Putin und Prigoschin gekommen. Ein Experte ordnet ein.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit Ende des erfolglosen Wagner-Aufstands wird über Prigoschins Aufenthalt spekuliert.
- Am Montag gab der Kreml bekannt, dass sich dieser mit Putin getroffen habe.
- Russland-Experte Ulrich Schmid findet das «sehr erstaunlich».
Seit dem gescheiterten Putsch-Versuch der Wagner-Gruppe im Juni häufen sich die Spekulationen über den Aufenthaltsort von Jewgeni Prigoschin.
Laut Belarus-Diktator Lukaschenko hält sich der Wagner-Chef – anders als angenommen – gar nicht in Belarus auf. Er könnte sich im russischen Sankt Petersburg oder Moskau aufhalten, behauptet der belarussische Präsident.
Gestern hat der Kreml bekannt gegeben, dass sich der Wagner-Chef am 29. Juni mit Wladimir Putin getroffen habe – nur wenige Tage nach dem gescheiterten Aufstand. Demnach soll das Treffen in Moskau stattgefunden und drei Stunden gedauert haben.
Der russische Präsident habe alle Kommandeure von Einheiten und die Führung des Wagner-Unternehmens eingeladen. Darunter sei auch Prigoschin gewesen.
«Wladimir Putin wird versuchen, einen Deal mit Prigoschin auszuhandeln»
Russland-Experte Ulrich Schmid zeigt sich überrascht, dass es zu diesem Treffen gekommen ist: «Das ist nach Putins öffentlicher Ansprache am Tag des Putsches sehr erstaunlich. Wladimir Putin sprach von Verrat und einem Dolchstoss in den Rücken», erklärt er auf Anfrage von Nau.ch.
Dass Russlands Präsident Prigoschin eliminieren möchte, glaubt der Professor an der Uni St. Gallen denn auch nicht. Grund: Prigoschin sei für Putin zwar gefährlich, aber auch nützlich. Denn ohne die Wagner-Truppen sei die Kampfkraft der Russen im Ukraine-Krieg geschwächt.
«Deshalb wird Putin versuchen, einen Deal mit Prigoschin auszuhandeln», ist sich Schmid sicher. «Er wird mit Prigoschin verschiedene Möglichkeiten der Integration der Wagner-Truppen in die russische Armee diskutiert haben.»
Prigoschin kann sich wohl ungefährdet in Russland aufhalten
Politikwissenschaftler Albert Stahel bezeichnet Prigoschin sogar als echten Komplizen von Putin. «Grundsätzlich hat er mit seinem Vorstoss Richtung Moskau – so seine Aussagen – kein Verbrechen begangen», erklärt Stahel Nau.ch. Aufgrund seiner Nähe zu Putin könnte er sich wohl ungefährdet in Russland aufhalten.
Zudem dürfte Prigoschin sehr viel über die Interna des Putin-Zirkels und auch über die Wagner-Einsätze im Mittleren Osten wissen. Deshalb kann sich Stahel vorstellen, dass er wieder in St. Petersburg weilt und dabei auf Anweisung von Putin die Ableger seiner Firma ausserhalb von Russland liquidiert.