Umstrittenes Sexualstrafrecht wird in Spanien wieder geändert
Wegen unerwünschter Auswirkungen wird das neue «Nur Ja heisst Ja»-Gesetz in Spanien nur rund fünf Monate nach seinem Inkrafttreten wieder geändert.
Das Wichtigste in Kürze
- In Spanien gilt seit rund fünf Monaten ein neues Sexualstrafrecht.
- Jetzt wird es wegen Schlupflöchern bereits wieder geändert.
- Es hatte unerwartet zu der vorzeitigen Entlassung von 70 Sexualverbrechern geführt.
Spanien muss nach nur fünf Monaten sein neues Sexualstrafrecht wieder anpassen – ausgerechnet vor dem Internationalen Frauentag. Das Unterhaus in Madrid stimmte am Dienstagabend nach hitzigen Parlaments-Debatten einem Antrag der linken Regierung zur Einleitung des Reformprozesses zu.
Das sogenannte «Nur Ja heisst Ja»-Gesetz löste innerhalb der Koalition neun Monate vor den Parlamentswahlen eine heftige Krise aus. Es hatte völlig unerwartet zur vorzeitigen Haftentlassung von bisher mehr als 70 Sexualverbrechern geführt.
Nach Umfragen liegt die konservative Opposition deshalb inzwischen in der Wählergunst vorn. Die Sozialistische Partei (PSOE) von Ministerpräsident Pedro Sánchez wurde bei ihrem Antrag auch von der konservativen Opposition unterstützt. Der Koalitions-Juniorpartner Unidas Podemos (UP) stimmte unterdessen geschlossen dagegen.
Sexualverbrecher kommen durch Gesetzesänderung plötzlich frei
Das Gesetz hatte ebenso unerwartete wie unerwünschte Auswirkungen. Anwälte einsitzender Sexualverbrecher nutzten Lücken in dem im Oktober in Kraft getretenen Regelwerk aus. Sie erreichten in mehr als 700 Fällen Reduzierungen der Haftstrafen.
Die UP befürchtet, dass die PSOE bei Debatten über eine erneute Gesetzesreform den Forderungen der konservativen Opposition nachgeben könnte: «Wir wollen keine Rückkehr zu einem patriarchalischen System, in dem man als Opfer gefragt wurde, ob man die Beine richtig geschlossen hatte.» Dies sagte zum Beispiel die Gleichstellungsministerin Irene Montero von UP.
PSOE-Politiker wiesen derweil die Beschuldigungen von UP zurück. Sie beteuerten, man werde vom Prinzip der Zustimmung aller Beteiligten bei sexuellen Handlungen nicht abrücken. Der Reformvorschlag von PSOE erhöht die meisten Strafmasse auf bis zu 15 Jahre Haft. Er setzt aber gleichzeitig den Fokus wieder stärker auf die Kriterien der Gewaltanwendung und der Einschüchterung, was UP missfällt.
Das umstrittene Gesetz hatte unter anderem auch «einschüchternde» Komplimente sowie die Verbreitung von Sexvideos unter Strafe gestellt. Mit ihrem Vorstoss hatte die Regierung im vorigen Jahr auf mehrere Fälle von Gruppenvergewaltigungen reagiert, bei denen die Täter mit relativ milden Strafen davongekommen waren. Montero hatte gesagt, der «Vergewaltigungskultur» werde damit ein Ende bereitet.