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Warten für die Queen, oder: Die britischste aller Tugenden

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Grossbritannien,

Stundenlanges Schlangestehen für einen letzten Abschied von der Queen? Viele Briten nehmen das gerne auf sich. Das geduldige Warten, bei dem man auch noch Spass haben kann, hat bei ihnen Tradition.

Menschen stehen Schlange, um der verstorbenen Königin Elizabeth II. die letzte Ehre zu erweisen.
Menschen stehen Schlange, um der verstorbenen Königin Elizabeth II. die letzte Ehre zu erweisen. - Andreea Alexandru/AP/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Fünf Nächte und vier Tage lang - bis Montagfrüh ist der Sarg Queen Elizabeths II.

aufgebahrt im britischen Parlament und rund um die Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich. Hunderttausende Menschen werden erwartet, die der Queen noch einmal Respekt zollen möchten.

Wer von der gestorbenen Monarchin Abschied nehmen will, dem bleibt nichts anderes, als sich in eine gigantische Warteschlange einzureihen. Je nachdem, wie viele Menschen anstehen, kann das Medienberichten zufolge bis zu 30 Stunden dauern. Am Mittwochabend führte die Schlange von London Bridge am Südufer der Themse flussaufwärts bis nach Lambeth und über die gleichnamige Brücke bis ins Parlament - das sind beinahe vier Kilometer. Auf Youtube kann man den aktuellen Endpunkt abrufen.

Doch wer könnte damit besser umgehen als die Briten? Geduldiges Schlangestehen gilt schliesslich als britischste aller Tugenden, auf die man im Vereinigten Königreich stolz ist. Die Briten nehmen es also gelassen.

Stimmung gut und wohlwollend

So ist es auch bei den Schwestern Yvette (59) und Helen Roberts (53). Als die beiden am Mittwochabend nach dem Abschiednehmen von der Queen in die Abendsonne unter dem Big Ben schlendern, sind sie richtig beseelt von der Erfahrung. «Ich weiss nicht mehr, wie lange ich gewartet habe», sagte Helen. Sie habe nicht darauf geachtet. Die beiden Frauen aus der Grafschaft Bedfordshire haben schnell Anschluss gefunden in der Warteschlange. «Wir haben richtig Freundschaften geschlossen», sagt Yvette. Die Stimmung sei gut und wohlwollend gewesen - auch so eine britische Tugend, findet sie.

Eine Wahrnehmung, die sich auch in der Atmosphäre auf der Westminster Bridge ausserhalb des Parlaments widerspiegelt, wo die vielen Menschen hinströmen, die aus dem Parlament kommen. Sie flanieren, plaudern und verweilen auf den für Autos gesperrten Strassen. Es ist, als hätte die Queen ein Strassenfest ausgerufen für alle, die ihr die letzte Ehre erweisen.

Stille in der Westminster Hall

In der ehrwürdigen Westminster Hall ist die Stimmung freilich anders. Dort strömen die Menschen in zwei Kolonnen zügig in die Halle, jeweils rechts und links am Sarg vorbei. Niemand spricht. Viele verbeugen sich kurz oder halten inne, wenn sie auf der Höhe des auf einem Podest aufgebahrten Sargs der Königin ankommen. Viele Menschen haben feuchte Augen, manche wischen sich die Tränen aus dem Gesicht, vereinzelt ist Schluchzen zu hören.

Die Regeln sind strikt: Keinerlei Mitbringsel wie Blumen oder Teddybären sind erlaubt. Handys müssen in der Tasche bleiben. Fotos oder gar Selfies sind nicht gestattet. Auch ohne Verbote ist die Atmosphäre in der ehrwürdigen Westminster Hall mit ihrem gewaltigen mittelalterlichen Dachgewölbe und der Anwesenheit der toten Monarchin Ehrfurcht einflössend genug. Dort gegen die Regeln zu verstossen, wäre wohl sehr unbritisch.

Dennoch passen Polizisten, Aufseher und nicht zuletzt zehn Soldaten aus verschiedenen Gardeeinheiten genau auf, dass die Regeln beachtet werden. Die Männer in historisch anmutenden Uniformen, die um den Sarg herum Wache halten, wirken wie eingefroren, keine Regung ist zu erkennen. Alle 20 Minuten wechseln sie die Position. Insgesamt dauert eine Wacheinheit sechs lange Stunden, in denen die Männer bewegungslos dastehen müssen.

Bereits in der ersten Nacht der Aufbahrung kam es zu einem Zwischenfall: Ein Wachmann brach plötzlich zusammen und prallte mit dem Gesicht auf den Boden. Umstehende Wachen eilten ihm zu Hilfe und drehten ihn auf den Rücken. Der Livestream der BBC wechselte daraufhin zu einer Aussenansicht. Über den Gesundheitszustand des Gestürzten war zunächst nichts bekannt.

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