Nach Easyjet Vorfall: Macht Billig-Fliegerei Piloten krank?
Easyjet hat einen Genfer Piloten freigestellt, der Suizidgedanken äusserte. Ist die zunehmende Billig-Fliegerei schädlich für die Gesundheit der Piloten?
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Easyjet-Pilot äusserte Suizidgedanken und wurde deshalb freigestellt.
- Laut Mediensprecher des Pilotenverbandes sind viele Piloten überarbeitet.
- Dies wegen dem zunehmenden Trend zur Billig- und Viel-Fliegerei.
Am Donnerstag wurde bekannt, dass ein Genfer Pilot der Airline Easyjet wegen Suizid-Gedanken, vorübergehend freigestellt wurde. Denn er teilte die Gedanken in einer WhatsApp-Gruppe mit Freunden. Diese waren offenbar besorgt und informierten daraufhin den Arbeitgeber Easyjet, der sofort handelte.
«Der Pilot ist seit einigen Tagen von seinen Aufgaben freigestellt, während wir dies untersuchen. In der Zwischenzeit haben wir ihm unsere Unterstützung angeboten», erklärt Easyjet in einer Stellungnahme.
Auch Thomas Steffen, Mediensprecher der «Aeropers», des Pilotenverbandes der Swiss und Edelweiss Air, hat vom Vorfall Wind gekriegt. «Piloten sind auch nur Menschen und können an ihre Grenzen kommen», sagt er zu Nau.
Er verstehe die Reaktion von Easyjet. «Hätten sie nicht reagiert und es wäre etwas passiert, würde man im Nachhinein sagen, sie hätten wichtige Warnsignale ignoriert.»
Für die Flugsicherheit sei es wichtig, dass psychologische Probleme angesprochen und behandelt werden würden.
Seit Germanwings-Vorfall wird Psyche genauer untersucht
Schweizer Piloten müssen einmal im Jahr zu einem Allgemeinmediziner, der sie untersucht. Seit dem Germanwings-Vorfall 2015, bei dem ein Pilot seine Maschine mitsamt den 150 Passagieren gegen eine Felswand krachen liess, werden sie verstärkt über ihr psychisches Wohlergehen befragt.
«Der Arzt ist allerdings nicht auf die psychische Gesundheit spezialisiert», so Steffen. Ausserdem könne es gut sein, dass ein Pilot nicht über seine Probleme reden wolle, weil er Angst hat, die Stelle zu verlieren.
Zusätzlich zur ärztlichen Untersuchung setzen die Airlines deshalb auf das sogenannte «Pilot Peer Support Program». Das Programm sieht vor, dass Piloten und Crewmitglieder einander gegenseitig helfen, da es viele als einfacher empfinden, sich gegenüber ihren Kollegen zu öffnen.
Schafft Billig-Fliegerei toxisches Arbeitsklima?
Auch Thomas Steffen betont die Wichtigkeit eines angenehmen Arbeitsklimas für die mentale Gesundheit der Mitarbeiter. «Piloten müssen sich sicher fühlen, mit dem Arbeitgeber offen über ihre Probleme sprechen zu können.»
Aber gerade in der heutigen Zeit der Billig- und Viel-Fliegerei seien Piloten häufig überarbeitet und würden unter den immer extremeren Arbeitsbedingungen leiden. «Je billiger man fliegt, desto grösser der Druck aufs Personal», so Steffen. Viele Nachtflüge und 12-Stunden-Tage gehörten heute zur Norm.
Steffen ist sich deshalb sicher: «Die tiefen Flugpreise haben einen grossen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen des Personals und können somit längerfristig die Flugsicherheit gefährden.»
Easyjet nimmt Stellung
Auf Nachfrage erklärt Easyjet, dass man alle relevanten Gesetzte und Bestimmungen in Europa und der Schweiz erfülle. Die Arbeitsbedingungen, einschliesslich der Arbeitszeiten, würden «aller in der Schweiz tätigen Fluggesellschaften, einschliesslich der sogenannten Legacy Carrier» entsprechen.
«Wir ergreifen alle notwendigen Massnahmen, um sicherzustellen, dass easyJet-Piloten vollkommen fit sind, ihren Beruf auszuüben», so Easyjet.