Während WEF: Mieter müssen aus Wohnung raus – illegal?
Vermieter bauen Klauseln in Mietverträge ein, um Mieter während des WEF aus Wohnungen zu drängen. Doch: Experten bewerten das Vorgehen rechtlich kritisch.
Das Wichtigste in Kürze
- Einige Vermieter zwingen Mieter per Klauseln, ihre Wohnungen für die WEF-Woche zu räumen.
- Jurist Fabian Gloor sieht solche Klauseln als unzulässig und rechtswidrig an.
- Anwältin Evelyne Suter hält sie im Grundsatz für zulässig, warnt aber vor Missbrauch.
Vor dem WEF explodieren in Davos jedes Jahr die Preise für private Unterkünfte. Ein Gastgeber auf Airbnb inserierte sein Penthouse heuer für rund 13'000 Franken pro Nacht – und konnte es tatsächlich vermieten!
Für Schlagzeilen sorgte zuletzt aber auch ein weiterer Umstand: Manche Mieter müssen ihre Wohnung während des Wirtschaftsgipfels für eine Woche räumen. Um in dieser Zeit das grosse Geschäft zu machen, bauen Vermieter spezielle Klauseln in die Mietverträge ein.
Doch ist ein solches Vorgehen rechtlich zulässig? Für Nau.ch schätzen Jurist Fabian Gloor vom Mieterinnen- und Mieterverband und Rechtsanwältin Evelyne Suter die Situation ein.
Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. Das hat vor allem damit zu tun, dass es zu dieser spezifischen Thematik noch keine Gerichtsurteile gibt.
Während WEF: «Klauseln verstossen gegen zwingendes Mietrecht»
Fabian Gloor sieht die Klauseln als unzulässig an und beruft sich dabei auf das Obligationenrecht. Dieses erlaube dem Vermieter den Zutritt zur Wohnung nur in Ausnahmefällen, etwa für Unterhalt, Weitervermietung oder Verkauf.
«Weitere Gründe wie Events oder die Möglichkeit, die Wohnung temporär viel teurer weiterzuvermieten, sind gesetzlich nicht vorgesehen», sagt Gloor. Diese Regelung könne nicht beliebig ausgeweitet werden.
Für Gloor ist daher klar, «dass solche Klauseln gegen zwingendes Mietrecht verstossen und deshalb nichtig sind». Folglich müssten Mieter, die einen entsprechenden Vertrag unterschrieben haben, ihre Wohnung während dem WEF nicht räumen.
Nicht grundsätzlich illegal, aber ...
Evelyne Suter erachtet besagte Vertragsklauseln zwar grundsätzlich nicht als illegal, sofern sie im Mietvertrag von beiden Parteien so vereinbart wurden.
Problematisch werde es, wenn die Bestimmungen einseitig zugunsten des Vermieters ausfallen und Mieter infolge Wohnungsmangel gezwungen sind, sie zu akzeptieren. In solchen Fällen könnten die Klauseln «nichtig», sprich wirkungslos sein, sagt Suter.
Besonders kritisch sieht sie Fälle, in denen Mieter ihre Wohnung ohne Entschädigung komplett räumen und sich selbst um eine Übergangslösung kümmern müssen. Nach ihrer Einschätzung würde eine solche Klausel von einem Gericht «wohl eher als übermässig beurteilt».
Besser früher als später sich zur Wehr setzen
Letztlich sei jedoch immer der Einzelfall entscheidend: die konkrete Ausgestaltung der Klausel, der Mietvertrag, die Situation der Parteien beim Vertragsabschluss und der Mietwohnungsmarkt im betroffenen Ort.
Suter empfiehlt, sich bereits bei den Vertragsverhandlungen gegen die Klauseln zu wehren. Allerdings könne dies schwierig sein, wenn andere Interessenten die Einschränkung akzeptieren.
Nach Abschluss des Mietvertrages sei eine Anfechtung aufwendig und riskant. Eine gerichtliche Klärung könnte lange dauern, sagt Suter. Zudem bestehe allenfalls das Risiko einer Kündigung durch den Vermieter.